Wenn wir in den Dienst eintreten, bringen wir die Gaben mit, die Gott uns gegeben hat, um seine Gemeinde zu erbauen, aber diese Gaben sind oft noch nicht ausgereift. Sie müssen geschärft und verfeinert werden. Wenn wir dies mit unserer sündigen Natur in Verbindung bringen, wird klar, dass auch qualifizierte Leiter nicht davor gefeit sind, korrigiert zu werden.

Korrektur ist eine heilende Maßnahme, kein zerstörerisches Gift.

Jeder von uns braucht eine gezielte Jüngerschaft und eine Gemeinschaft von Gläubigen, die uns formen und schärfen, so wie Eisen Eisen schärft (Sprüche 27,17).

Eine Möglichkeit, dies zu fördern, ist die sogenannte 360-Grad-Evaluation. Dies ist eine Beurteilungsstrategie, bei der konstruktives Feedback zur Leistung einer Führungskraft von Personen eingeholt wird, die sie aus verschiedenen Perspektiven erleben – Führungspersonen, Kollegen und Mitarbeiter. Die Vorteile dieses Beurteilungsprozesses für den Einzelnen und die Gemeinde sind enorm.

Eisen schärft Eisen

Im Folgenden findest du einige Schritte, um eine 360-Grad-Beurteilung in deiner Gemeinde oder deinem Dienst zu implementieren:

  1. Entwickle zwei maßgeschneiderte Fragebögen: Ein Fragebogen ist für die Feedbackgeber und der andere Fragebogen für die Selbstbeurteilung der Führungskraft. Mögliche Themen können geistliche Disziplinen, Familienleben, Kommunikation, Konfliktlösung oder andere für die jeweilige Leitungsposition wichtige Kompetenzen sein. Die Selbstbeurteilung gibt der Führungskraft Raum für nachdenkliche Reflexion, die dann mit der Beurteilung der Feedbackgeber verglichen werden kann. So kann man erkennen, ob die Selbstwahrnehmung der Führungskraft mit der Wahrnehmung anderer übereinstimmt.
  2. Wähle die Gutachter aus: Wenn du z.B. als Vorstandsmitglied einen Ältesten oder Pastor evaluieren möchtest, sollten zu den Feedbackgebern Personen aus dem Leitungsteam oder dem Vorstand gehören, die dem Ältesten gegenüber rechenschaftspflichtig sind, sowie Mitarbeiter, die dem Ältesten unterstellt sind, und persönliche Freunde des Ältesten aus der Gemeinde. Es ist auch hilfreich, Leiter anderer Dienste in der Gemeinde einzubeziehen, die unabhängig vom Ältesten arbeiten. Ähnliche Schritte sollten für die Leiter eines gemeinnützigen, nicht kirchlichen Dienstes unternommen werden. Es ist wichtig, dass sowohl Männer als auch Frauen Feedback geben, um ein umfassendes Bild der Stärken und Schwächen des Leiters zu erhalten.
  3. Gib klare Anweisungen: Wenn die Fragebögen versendet werden, sollte der Zweck der Evaluation klar kommuniziert werden: Sie soll helfen, nicht schaden. Erinnere die Bewerter daran, dass ihre Antworten anonym und vertraulich behandelt werden. Ermutige sie, konstruktives Feedback zu geben. Durch die Festlegung klarer Grundregeln und Erwartungen kann vermieden werden, dass die Evaluierung dazu genutzt wird, sich über jede Kleinigkeit zu beschweren.
  4. Analysiere die Ergebnisse und teile sie mit: Wenn ich eine 360-Grad-Beurteilung durchführe, schreibe ich in der Regel alle Themen auf, von den Stärken bis hin zu den Bereichen, in denen noch Entwicklungsbedarf besteht. Von dort aus arbeite ich mit der Führungskraft zusammen, um spezifische, messbare, erreichbare, relevante und zeitgebundene (SMART) Wachstumsziele festzulegen. Wenn mehrere Personen dieselben Bedenken haben, ist es gegebenenfalls notwendig, ernste Gespräche mit der Führungskraft zu führen. Im Falle von Vorwürfen strafbaren Verhaltens (wie Missbrauch) müssen umgehend die Behörden informiert werden.

Als die Missionsagentur, für die ich arbeitete, eine 360-Grad-Beurteilung von mir durchführte, wurde das Feedback, das ich erhielt, an unseren Vorstand weitergeleitet. In der Kirche, in der ich arbeite, erhält der gesamte Ältestenrat den Bericht. Wenn es Probleme gibt, ist es für meine Rechenschaftspflicht besser, wenn der gesamte Vorstand davon erfährt, damit er Themen meiner Leiterschaft betreffend weiter verfolgen und gezielt Wege finden kann, um mich in meinen Schwächen zu stärken.

Korrektur für den Leiter

Kein Leiter hat die Absicht, sein eigenes Wachstum zu behindern oder andere zu verletzen. Aber ein Leiter, der anfängt, sich selbst zu sehr zu vertrauen, sich selbst zu hoch einzuschätzen und Korrekturen als Bedrohung seiner Macht zu sehen, läuft Gefahr, genau das zu tun.

Hier setzt die 360-Grad-Evaluation an: Sie kann verhindern, dass Führungskräfte in solch ein Muster verfallen.

Die Hoffnung ist, dass diese Evaluationen die Führungskraft zu Liebe und guten Taten anspornen (Hebräer 10,24) und zu messbarem Wachstum führen, und dass gefeiert wird, was Jesus im Leben des Leiters tut. Eine Führungskraft, die sich auf diesen Prozess einlässt, zeigt Mut und Offenheit und hat keine Angst davor, sowohl ihre Stärken als auch ihre Schwächen aufdecken zu lassen. Sie erlebt damit keine Unsicherheit in ihrer Berufung.

Um Gottes Güte in meinem Leben zu verstehen, habe ich alle meine Beurteilungen aufgehoben. Ich lache über einige meiner Schwächen vor Jahren, und diese alten Beurteilungen erinnern mich daran, auch mit jüngeren Führungskräften geduldig zu sein.

Korrektur für die Organisation

Ein 360-Grad-Bewertungsprozess kann auch der Gemeinde oder einer Organisation helfen, die Arbeits- und Gemeindekultur zu reflektieren und, falls nötig, zu korrigieren. Sind die Rückmeldungen oft hart oder kritisch? Fühlen sich Mitarbeiter und ehrenamtliche Mitarbeiter unterstützt und befähigt? Wird der Leiter von der Gemeinde oder dem Dienst als ihr von Gott berufener Leiter anerkannt?

Solche Fragen helfen der Gemeindeleitung oder dem Vorstand, eine fundierte Entscheidung zu treffen, ob ein Leitungswechsel notwendig ist. Die Bewertung gibt dem Vorstand die Informationen, die er benötigt, um eine schmerzhafte, aber notwendige Trennung der Wege zu rechtfertigen. Gleichzeitig kann eine gute Evaluation dazu beitragen, eine Kultur der offenen Kommunikation zu schaffen, in der jeder ermutigt wird, seine Gedanken und Gefühle ehrlich zu äußern. Dies stärkt die Beziehungen und das Vertrauen innerhalb des Leitungsteams.

Die Arbeit in einem Dienst, der freundschaftliche Rechenschaftspflicht fördert, schärft das Bewusstsein der Menschen dafür, wie sie von anderen wahrgenommen werden, was andere an ihnen schätzen und in welchen Bereichen Verbesserungen möglich sind.

Durch die Einführung des 360-Grad-Beurteilungsprozesses können Gemeinden und Organisationen eine Kultur des kontinuierlichen Wachstums, der Rechenschaftspflicht und der offenen Kommunikation fördern. Leitern wird damit geholfen, reifer und effektiver zu werden. Dadurch können sie ihren Auftrag besser erfüllen, die Heiligen für den Dienst zuzurüsten, den Leib Christi aufzubauen und gemeinsam in der Einheit des Glaubens und in der Erkenntnis von Jesus Christus zu wachsen (Eph. 4,12-13).

Dieser Artikel wurde von Darren Carlson verfasst und zuerst von The Gospel Coalition (TGC) veröffentlicht. Deutsche Version von Esther Penner. Verwendet mit Genehmigung von The Gospel Coalition.

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