Über die Artikelserie »Wie tickt die christliche Gen Z in Deutschland?«

Über die Artikelserie »Wie tickt die christliche Gen Z in Deutschland?«

Die Gen Z ist in aller Munde, den Medien und auch in der christlichen Jugendarbeit. Wer über diese Generation datenbasiert Genaueres wissen will, schaut in die USA oder nach UK. Oft beziehen sich Umfragen nicht konkret auf die christliche Szene. Wie tickt sie wirklich, die christliche Gen Z in Deutschland? Thorsten Attendorn hat am Barna Church CoLab »Discipling Gen Z« teilgenommen und hat selbst eine Befragung von fast 1000 jungen Christinnen und Christen der Gen Z in Deutschland durchgeführt. In dieser Artikelserie teilt er Einsichten und Impulse aus dem CoLab und stellt die Ergebnisse seiner Umfrage zur Diskussion.

Die christliche Gen Z ist entschieden für Jesus und sehr bibelorientiert. Wie leben die Gen Z-ler diese Bibelfestigkeit und Hingabe, wie wirkt sie sich innerlich und in ihren Beziehungen aus?

Wie oft lesen Gen Z-ler weltweit in der Bibel?

Nur wenige Europäerinnen und Europäer nehmen an dem Barna Church CoLab teil. Uns wird anhand der Umfragedaten bewusst, wie sich in puncto Glaube, Bibel, Jesus die Welten auseinanderentwickeln: Barna hat in seinen Umfragen erhoben, wie Bibel-engagiert (bible-engaged[1]) oder Bibel-offen[2] die Gen Z ist: Während in Ländern wie den Philippinen, Kenia oder Brasilien bis zu 20%, in Südafrika und Nigeria sogar um 30% der Gen Z bibel-engagiert sind, sind es in der westlichen Welt nur Einzelne: In den USA 9%, in Europa zwischen 1% und 5%; viele sind immerhin »offen«.

Mit dem Älterwerden von Teens zu young adults nimmt die Bibelnutzung dann noch deutlich ab. Allerdings ist in den USA das Bibellesen in der Gen Z zuletzt wieder aufgelebt: 56% der Teenager sind neugierig auf die Bibel/auf Jesus, 21% der Gen Z liest gegenüber 2023 häufiger in der Bibel. Auch bejahen dort mehr Jugendliche und junge Erwachsene (nämlich über 50%), dass die Botschaft der Bibel ihr Leben verändert hat.

Deutschland ist mit nur 1% Bibel-engagierter Gen Z Schlusslicht; 55% sind Bibel-offen, 44% haben eine negative Sicht auf die Bibel und/oder lesen sie (fast) nie. Auch christliche Teenager und junge Erwachsene lesen recht selten in der Bibel: ¾ der nominellen christlichen Gen Z in Deutschland lesen gar nicht oder nur bis zu ein/zwei Mal im Jahr in der Bibel, bei den entschiedenen Christen sind es 40%; nur knapp 1/3 der entschiedenen christlichen Gen Z in Deutschland liest mindestens einmal pro Woche in der Bibel.[3]

Zoom Webinar: Wie tickt die christliche Gen Z in Deutschland? Mit Thorsten Attendorn

Bibel-Engagement macht einen Unterschied

Wer intensiv die Bibel liest, dem geht es in vieler Hinsicht (statistisch) besser?! Ein bemerkenswertes Ergebnis der Barna-Forschung ist, dass das Bibel-Engagement sehr stark korreliert mit positiven (und zwar im Vergleich zu lediglich Bibel-offenen oder Bibel-unengagierten Gen Z-lern viel positiveren[4]) Werten etwa bei Selbstwert und -wirksamkeit (rd. 50% gegenüber rd. 30%), Bedeutung für andere (rd. 50% vs. 30%), Zugehörigkeitsgefühl zur Gemeinde (77% vs. 20-40%), Sinn und Zweck im Leben (84% gegenüber 25-40%). Auch die Fürsorge für die Umwelt sowie für Arme und Großzügigkeit gehören zum Wertesystem der Bibel-Engagierten (um 50% gegenüber 20-30% haben dies aktiv priorisiert). Einen »impact« (in verschiedener Form) trauen sich 60-80% der Bibel-Engagierten zu (gegenüber 30-60% im Durchschnitt der Gen Z). Legt man einen Flourishing-Index an, so haben »resilient disciples«[5] signifikant höhere Scores als der Durchschnitt der Gen Z.

Meine Umfrage unter der christlichen Gen Z in Deutschland zeigt diese Korrelation nicht in dem Maß. Vielmehr liegen die Werte der Befragten zum Teil erheblich unter denen der globalen Bibel-engagierten Gen Z, z.B.: Selbstwert (12% gegenüber 53%); Bedeutung für andere (15% gegenüber 48%), Zugehörigkeitsgefühl zur Gemeinde und praktische Weisheit aus der Gemeinde (50%/30% vs. rd. 80%), Sinn und Zweck im Leben (44% zu 84%).[6] Ist die Schlussfolgerung gerechtfertigt, dass die intensiv genutzte Bibel zu wenig in der Seele, in den Beziehungen sowie »im Leben« angkommt? Welche Gründe könnte es sonst geben?

Die Christliche Gen Z in Deutschland: Bibelaffin, lebendig und motiviert – aber auch mit Schuldgefühlen, Verwirrung und Problemen.

Bibel-engagierte Gen Z im Spannungsfeld der »Wahrheit«

Was die christliche Gen Z in Deutschland betrifft, sind die Befragten sehr »bible-engaged«[7]:

  • Sie sind regelmäßige Bibelleser (über 50% lesen die Bibel täglich, 88% mindestens mehrmals pro Woche).
  • Sie haben auch eine hohe Meinung von der Bibel: Sie ist ihrer Meinung nach »eine Quelle der Wahrheit« (93%),[8] »völlig akkurat in allen Prinzipien, die sie lehrt« (84%)[9] und »relevant für die heutige Zeit« (97%).[10]

Das Thema »Wahrheit« ist höchst bedeutsam: Jesus ist die Wahrheit, das Wort des Vaters ist Wahrheit, der Geist der Wahrheit leitet in die Wahrheit – so stellt es sich allein schon aus den letzten Worten Jesu nach Johannes 14-17 dar. Gleichzeitig ist es umstritten: Zu dem philosophischen Problem der absoluten Wahrheit gesellt sich in Bezug auf die Bibel noch die Frage nach deren Auslegungsbedürftigkeit und Zeitbezogenheit.

Die Befragten befinden sich in diesem Spannungsfeld: »Sie haben eine hohe Meinung von der Wahrheit, Akkuratheit sowie Aktualität der Bibel. Die Wahrheit ist auch auf Platz 1 dessen, was sie im Glauben haben oder suchen. Bei Jesu Lehre präferieren sie das »Wahre/Vertrauenswürdige« gegenüber dem »Guten«. Zugleich haben sie die Korrektheit und Informiertheit im Glauben deutlich untergewichtet gegenüber der Ehrlichkeit. Viele geben an, dass sie einen festen und reifen Glauben haben, manche sind auch unsicher und zweifelnd.

Welche Empfindungen löst die Bibel aus?

Gespannt war ich darauf, welche Empfindungen die Bibel bei den Befragten auslöst.[11] Schön ist: Fast allen macht das Bibellesen Freude, davon 60% »viel«. Es rührt mich, wenn jeweils 3⁄4 und mehr der Teilnehmer positive Empfindungen nennen wie geliebt zu sein (87%), friedevoll (79%), motiviert und lebendig (je 75%). Auch aufregend (»excited«) und ermächtigend (»empowered«) wirkt sich die Bibel bei vielen aus (55% bzw. 50%). Diese Werte sind beeindruckend, denn sie liegen meist beim Doppelten und mehr gegenüber den Werten der Christen der Open Generation-Umfrage, aber auch signifikant höher als bei der Vergleichsgruppe der US practicing Christians. Zeigen diese Ergebnisse »Segensspuren« von Gottes Wort im inneren Menschen – wenn man sich darauf einlässt und es auch intensiv nutzt? Diese Stärken sollte man stärken!

Das Bild ist allerdings ambivalent, wie bereits zum Thema »emotionale Gesundheit« dargestellt,[12] und wie auch andere Empfindungen beim Bibellesen zeigen: Auffällig häufig berichten die Befragten, dass die Bibel Schuldgefühle (57%) und Verwirrung (46%) auslöst; die Zahlen sind nicht nur absolut, sondern auch relativ hoch: Alle Vergleichsgruppen bleiben hier durchweg im unteren einstelligen (!) Bereich.[13]

Ich frage mich, woher solche Schuldgefühle kommen könnten. Das ist sicher auch individuell verschieden. »Schuldig« könnte man sich fühlen, weil …

  • … man das vermeintlich »geschuldete« Maß an Bibelstudium (Häufigkeit, Intensität, Dauer …) verfehlt, dass man manches nicht versteht (s.u.), etc.; das ist ähnlich wie beim Perfektionsdruck;[14] dabei ist die Gemeinschaft mit Gott, die sich in Bibel, Gebet, Stille ausdrückt, kein Wettbewerb; Gnade lässt sich nicht er-leisten;
  • … man eine Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit, zwischen Gemeinde- und Alltagsglaube oder auch zwischen Bibel und Lebensumfeld feststellt; möglicherweise trägt dies auch zu dem verbreiteten Gefühl der »Verwirrtheit« bei; sich selbst gegenüber milde zu sein, wenn man Ideale verfehlt und mit gesunder Motivation, ohne Schuldgefühle, weiter zu wachsen und an Defiziten zu arbeiten, ist sicher ein Lernprozess;
  • … man situativ beim Lesen der Bibel, einer Predigt etc. konkret persönlich von Sünde überführt wird, weil die Bibel »lebendig und wirksam« ist (Heb 4); darf die Vergebung, die die Befragten empfangen (1.Joh 1,9; Mic 7,18f.; Eph 1), nicht das Schuldgefühl »überstimmen«?[15] Ps 32,1 nennt die »glückselig«, deren Sünden vergeben sind.
  • … die Bibel thematisch/atmosphärisch stark »schuldbesetzt« ist oder, evtl. auch liturgisch verankert, ein Selbstbild des Glaubenden vertreten wird, bei der Schuld im Vordergrund steht. Immerhin fallen die gleichzeitig hohen Werte bei »geliebt« und »schuldig« auf. Könnte dies eine Lehre widerspiegeln: »Ich bin geliebt, aber …« (oder »Ich bin schuldig, aber …«)? Zu solchen Schuldgefühlen könnten manche Glaubenssätze passen,[16] etwa die verbreitete Angst vor Sünde, dass bei Untreue Gott nicht mitgehen würde, dass man ein Versager sei etc.

Probleme beim Bibellesen

Die Teilnehmenden nutzen ihre Bibel intensiv, haben aber gleichzeitig erhebliche Probleme mit dem Bibellesen, und zwar auch viel mehr als die Vergleichsgruppen: Sowohl bei den weniger bibelaffinen US practicing Christians als auch bei den Bibel-Engagierten liegen die Vergleichswerte zu diesen »Problemfragen« durchweg unter 20% bzw. 15% und teils unter 10%.

An erster Stelle der Problemliste rangiert, dass sie nicht alles verstehen (64%). Nicht nur Einzelfälle sind diejenigen, die nicht wissen, wo sie anfangen und wie sie das Gelesene anwenden sollen (jeweils rd. 20%). Dabei haben fast 10% niemanden, der ihnen hilft; rd. 75% hatten Mentoren, die ihnen das Bibellesen beigebracht haben – dies ist deutlich weniger als in den Vergleichsgruppen, in denen fast alle Befragten – meist mehrere – Mentoren hatten. Möglicherweise liegt in diesen Verständnisproblemen eine Ursache für das Gefühl der Verwirrung, das fast die Hälfte der Befragten beim Bibellesen kennen (s.o.). Verwirrtheit ist auch bei knapp 20% ein Merkmal des Glaubens.[17]

Weitere häufig genannte Probleme sind vor allem – wenig überraschend – Ablenkung (51%) und zu wenig Zeit (34%). Hier kommen Ablenkung und zeitliche Konkurrenz insbesondere durch die intensive Mediennutzung in den Sinn, aber auch das verbreitete Problem des Priorisierens. »Zu viel Druck« nennen explizit 10%, allerdings scheinen auch die anderen Problemfelder z.T. einen bestimmten Erwartungsdruck zu verraten.

Was ist eine gute Herangehensweise an die Bibel?

Im Barna Church CoLab wird intensiv diskutiert, wie angesichts der zentralen Bedeutung der Bibel eine gute Herangehensweise aussehen kann. Einigkeit besteht darüber, dass die Bibel (und Gott) nicht nur verstanden, sondern auch erlebt werden will: Die »Erkenntnis«, in der die Glaubenden wachsen (2.Pet) ist nicht auf den Kopf beschränkt. Lisette Fraser (Coach am Fuller Youth Institute und Tenx10) betont, dass die Verbindung der Bibel mit dem praktischen Leben unverzichtbar ist – mit den Bedürfnissen, Erwartungen, Hoffnungen und auch den »Agenden«, die diese Generation umtreiben.

Möglicherweise besteht hier Nachholbedarf. »Stark im Lehren, nicht so sehr im Leben«? Dass die Bibel, Jesus, der Glaube Gutes bewirkt, ist für viele nicht präsent und ist doch ein Faktor, der motivieren und engagieren kann.

Shane Sanchez (Director of High School Content des christlichen Verlags Orange) wirft die Frage auf, ob das Antwortverhalten der Gen Z, bei dem die Heiligkeit und Wahrheit der Bibel gegenüber ihrer Relevanz und der Freude im Vordergrund steht, auch eine Folge davon ist, welche Konflikte bei den vergangenen Generationen im Fokus standen?

Lisette und Shane raten auch an, die Stoßrichtung der Belehrung nicht nur auf das »was« man denkt, sondern mehr auf das »Wie« zu richten. Das macht uns nachdenklich: Wir sind in einer Zeit der Fragen, der Zweifel und der Krisen. Die Hilfe liegt womöglich nicht in der einseitigen Verkündigung von »fraglosen« Positionen (das »Was«).

Umso wichtiger ist, dass die jungen Christinnen und Christen Fragen, die sie eh haben, eigenständig und überzeugend anhand der Bibel beantworten können (also das »Wie«).

Wenn es bei der Bibelarbeit zugleich um mehr als Inhalte, um mehr als Verstehen geht, ist eine passende Methodik gefragt, mit mehr Dialog als Monolog, mit Schutzräumen für Fragen und Zweifel, mit persönlichen Gesprächen über den Glauben/die Bibel.

Wie steht die Gen Z zu Jesus?

Wie steht diese Generation zu Jesus? Savannah Kimberlin überrascht uns mit ihren Umfrageergebnissen: Die Sicht auf Jesus ist in der globalen Gen Z sehr positiv. Andererseits zeigen die Antworten auch bei der christlichen Gen Z wenig christologische Substanz.

Wackelige Kenntnisse über Jesus

Etwas mehr als die Hälfte der globalen Teens sind Christen (52%), und zwar sind 30% der Teens nominelle Christen, 22% sind entschiedene Christen.[18] In Deutschland sind 41% der Teens nominelle, 10% entschiedene Christen.

Die Überzeugung von wichtigen biblischen Wahrheiten über Jesus ist – auch unter Christen – wackelig: Dass Jesus gekreuzigt wurde, glauben in den USA bzw. global nur rd. 50% bzw. 60% der nominell christlichen Teens 44-49% der christlichen US-Teens glauben an Jesu Auferstehung bzw. Wiederkommen; nur ein Drittel der christlichen Teenager weltweit ist der Meinung, dass man mit ihm kommunizieren kann. In Deutschland liegen die entsprechenden Werte jeweils unterhalb des globalen Niveaus: Bei den entschiedenen Christen bejahen 40-60% die genannten wesentlichen Aussagen des Glaubensbekenntnisses. Die Zahlen für die nominellen Christen liegen noch deutlich niedriger (z.B. »Er war eine wirkliche Person«: entschiedene Christen: 48% (!); nominelle Christen: 32%; »Er ist auferstanden«: 53%/26%; »Man kann mit ihm kommunizieren«: 32%/12%).

Jesus hat ein positives Image, auch bei Nichtchristen

Eine überraschende und motivierende Einsicht liefert Savannah, als sie aufzeigt, dass Jesus ein positives Image hat, und zwar nicht nur bei Christen. Sein Ruf ist besser als der des Christentums, der Kirchen oder der Christen. Das gibt zu denken! Einerseits: Welche Möglichkeiten bietet es, Jesus dahin zu rücken, wo er hingehört: in den Mittelpunkt! Andererseits: Welche unnötigen, kontraproduktiven »Baustellen« mache ich als Christ, machen die Kirchen gegenüber Andersglaubenden auf?[19]

Unter der Fragestellung, was man über Jesus glaubt, punktet jede der positiven Antwortmöglichkeiten mindestens doppelt so hoch wie die höchstbewertete negative: Er gibt Hoffnung, sorgt sich um Leute, ist vertrauenswürdig – diese Antworten geben rd. 40%-45% der Befragten. Alle negativen Aussagen liegen hingegen im einstelligen Prozentbereich: Er ist bekannt für das, wogegen er ist; er ist verurteilend; er ist irrelevant etc. Nach den fünf wichtigsten Eigenschaften Jesu befragt, landen Vergebung (er bietet Vergebung an und er vergab denen, die ihm Unrecht tun) auf den beiden ersten Plätzen, die »härteren« (er ist autoritär, König, Herr) oder »schwierigeren« Eigenschaften (Diener, Freund der Sünder, von religiösen Führern zurückgewiesen) fallen ab auf die hinteren Plätze.

Auch eine Umfrage unter 12-17-jährigen in UK kam zu dem Ergebnis, dass Gottes Liebe, aber dann auch seine Macht, attraktiv sind. Allerdings wurde dem eher auf einer abstrakten Ebene zugestimmt. Die konkrete (christliche) Form, die seine Liebe in Jesus, insb. seiner Schwachheit und seinem Tod, angenommen hat, aber auch dass Gott bei uns oder in uns sein will, fanden die Befragten weniger attraktiv oder sogar irritierend; ähnlich schwer taten sie sich mit Gottes Gerechtigkeit, ihrer Heilsbedürftigkeit oder dem Gedanken der persönlichen Veränderung.

Gut ist: Es scheint einfach zu sein, an vorhandenes und durchaus oberflächliches Interesse anzuknüpfen; anspruchsvoller scheint es, dann zum christlichen Evangelium weiter und tiefer zu graben.

Christliche Gen Z in Deutschland: Jesus steht für Wahrheit und Freude

Zu den grundlegenden christologischen Aussagen der Bibel zeigen die Befragten sehr hohe Zustimmungswerte: Dass Jesus eine wirkliche Person war, Gott in menschlicher Form, dass er gekreuzigt wurde, auferstand und wiederkommen wird punktet jeweils nahe an 100%. Ebenso überzeugt sind die Befragten, dass er eine persönliche Beziehung zu Menschen haben will, dass er heute in der Welt aktiv ist und dass man mit ihm kommunizieren kann. Einen religiösen Führer sehen hingegen nur 54% in ihm; dass er Wunder wirkte, meinen 91% und dass er für Gerechtigkeit eintrat, 82%. Bei der Auswahl, ob ihnen wichtiger ist, dass Jesu Lehre wahr und vertrauenswürdig ist oder dass sie Gutes in der Welt bewirkt, entscheiden sich über 80% für Ersteres.

Diese lehrmäßige Überzeugung »passt« zu der ausgeprägten Bibelorientierung der Teilnehmenden. Wie steht es aber um ihre persönliche Beziehung zu Jesus?

Bei der Umfrage unter der christlichen Gen Z in Deutschland haben 87% der Befragten eine persönliche Entscheidung für Jesus gefällt. Dass diese Beziehung zu Jesus ihnen »tiefe Freude und Befriedigung« bereitet, bejahen 58% »stark« und 35% »etwas«. Angesichts der ambitionierten Wortwahl (»tiefe« Freude und Befriedigung) ist dies ein beeindruckender Wert, der auch Aufschluss über Sinn[20] und Glück des Lebens geben müsste. Es scheint allerdings auch kulturelle oder Mentalitätsunterschiede zu geben: Die Befragten liegen hier sowohl im Vergleich mit den entschiedenen Christen als auch mit der Bibel-engagierten Gen Z niedriger als die globale (75%/83%), aber höher als die deutsche Gen Z (46%/38%).

💡
Vergleich mit den US practicing Christians
Ein Vergleich mit den US practicing Christians ist zu den Themen Bibel und Jesus besonders interessant, weil beide Gruppen ein ähnliches Profil haben, insb. eine ähnlich hohe Entschiedenheit für Jesus; die US-Gruppe ist allerdings deutlich weniger Bibel-engagiert.[21] Die US practicing Christians …
• … nutzen die Bibel weniger regelmäßig (mehr als einmal pro Woche Bibellesen bei 45% gegenüber rd. 90%) und werten ihre Wahrheit und Relevanz schwächer (70% gegenüber 90-100%);
• … haben weniger positive Empfindungen durch die Bibel (Werte liegen zwischen 30-70% gegenüber 50-90%), aber auch deutlich weniger negative (max. 5% gegenüber bspw. 46%/57% »verwirrt«/»schuldig«);
• … haben erheblich seltener Probleme beim Bibellesen (Werte allenfalls im niedrigen zweistelligen Prozentbereich gegenüber 20% bei »weiß nicht, wie ich es anwenden/wo ich anfangen soll«, 51% »schnell abgelenkt«, 64% »verstehe nicht alles« etc.);
• … sind deutlich unsicherer bei den Aussagen der Bibel über Jesus (Werte zu »wirkliche Person«, »auferstanden«, »man kann mit ihm kommunizieren« etc. liegen bei 40-50% gegenüber rd. 100%);
• … sind deutlich unsicherer bei den Aussagen der Bibel über Jesus (Werte zu »wirkliche Person«, »auferstanden«, »man kann mit ihm kommunizieren« etc. liegen bei 40-50% gegenüber rd. 100%);
• … finden die Wahrheit und Vertrauenswürdigkeit von Jesu Lehre nur geringfügig wichtiger als dass sie Gutes bewirkt (52%: Wahrheit, 48%: Gutes gegenüber christliche Gen Z in Deutschland: 83% Wahrheit zu 17% Gutes);
• … erleben häufiger tiefe Freude und Befriedigung in der Beziehung zu Jesus (76% gegenüber 58% starke Antworten);
• … sind in mancher Hinsicht innerlich und beziehungsmäßig stärker, teils (Perfektionsdruck, Einsamkeit) aber auch schwächer.[22]

Wie kann man diese Generation mit Jesus in Verbindung bringen?

Wie kann es bei dieser Generation aussehen, wenn Jesus im Zentrum steht? Keithen Schwahn, Youth Pastor der Church for the City New York, beeindruckt uns mit seinem einfachen und zu Herzen gehenden Impuls: »Kommt und seht« (Joh 1,39). Jesus vorstellen als die Person, die die Antwort auf meine Sehnsüchte ist, statt einer, «Gebrauchtwagenhändler«-Attitüde, als fühle man sich genötigt, einen unerwünschten Ladenhüter anzupreisen.

»First relational, then transformational« – diese Reihenfolge betont auch Clark Giansanti (Junior an der Biola University/California, Mitglied im Global Leaderships Summit’s NextGen Ministry): Beziehungen bauen und dann Jesu verändernde, transformierende Kraft vermitteln, einschließlich der Rolle, die den jungen Menschen dabei zukommt. Besonders berührt mich, wie Keithen die Bedeutung des Gebets hervorhebt: Nicht als »Vorprogramm« einer Veranstaltung, sondern als eigenständig wertvolles, authentisches Glaubenszeugnis, mit dem den Anwesenden vermittelt werden kann, wie Hingabe und Verbindung mit Gott aussehen können.

Fazit und Next Steps

Kurz zusammengefasst: Charakteristika der christlichen GenZ in Deutschland – Episode 5

  • sehr starkes Fundament (Lesen und Lehre) in der Bibel und über Jesus
  • starke positive Emotionen beim Bibellesen
  • auffällig viele Schuldgefühle, Verwirrung und Probleme beim Bibellesen; vergleichsweise wenig Mentoren zum Bibellesen
  • starke Entschiedenheit für sowie Freude und Befriedigung durch Jesus
  • klare Sicht auf Bedeutung der Wahrheit/Vertrauenswürdigkeit sowie Gerechtigkeit bei Jesu Lehre, zugleich bleibt das »Gute« dahinter zurück
  • innerlich und beziehungsmäßig schwächer aufgestellt als andere christliche Jugendlichen und jungen Erwachsenen weltweit (sowohl bibelorientierte, als auch mehr pragmatisch-entschiedene junge Christinnen und Christen)

Sprungbrett in die eigene Jugendarbeit
Folgende Fragen können helfen, die Ergebnisse der Umfrage in der eigenen Jugendgruppe zu verifizieren und die Themen vertiefend zu besprechen:

  • Was würdest du jemandem antworten, der dich fragt, warum du die Bibel relevant findest für die heutige Zeit?
  • Hast Du eine Erklärung dafür, dass Jugendliche, die eine hohe Meinung von der Bibel haben und intensiv Bibel lesen, mehr von ihrer Gemeinde haben, stärker an die Wirkung von Gebeten glauben, eine stärkere Berufung haben, mit ihrem Leben zufriedener sind und mehr das Gefühl haben, dass sie anderen Menschen wichtig sind?
  • Welche Bibeltexte helfen dir, dich geliebt, motiviert, belebt zu fühlen?
  • Was könnte der Grund dafür sein, dass viele beim Bibellesen Schuldgefühle haben?
  • Wo hast du zum Beispiel Schwierigkeiten, die Bibel zu verstehen oder das Gelesene anzuwenden?
  • Was hilft gegen Ablenkung beim Bibellesen?
  • Beschreibe jemandem, der keine persönliche Glaubensbeziehung zu Jesus hat, konkret und anschaulich, warum Jesu Lehre gut ist für die Welt und was Dir an Jesus Freude und Befriedigung gibt!

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Ressourcen


[1] Bibel-engagiert = haben eine hohe Meinung von der Bibel (d.h. betrachten sie als Gottes Wort ohne bzw. allenfalls mit wenigen Fehlern) und lesen sie mehrmals pro Woche. Im Durchschnitt hat ein bibel-engagierter Teenager vier verschiedene Personen (gehabt), die ihm das Bibellesen und -studieren beigebracht haben (meist Eltern, Pastoren, Mentoren, Kinderstunden-/Jugendleiter, andere Familienangehörige oder Mitglieder einer Kleingruppe.

[2] Bibel-offen = haben eine hohe Meinung von der Bibel, lesen sie auch (wenn auch seltener als die Bibel-engagierter) oder haben eine neutrale (d.h. keine hohe, aber auch keine negative) Meinung von der Bibel. Bibel-unengagiert sind alle übrigen, d.h. ist demnach die Gruppe, die eine negative Meinung von der Bibel hat und/oder sie (so gut wie) gar nicht liest.

[3] Entschiedene Christen sind nach Barnas Definition solche, die die sich als Christen identifizieren und eine persönliche Entscheidung getroffen haben, Jesus Christus nachzufolgen. Nominelle Christen sind solche, die sich als Christen identifizieren, aber keine persönliche Entscheidung getroffen haben, Jesus Christus nachzufolgen.

[4] Die (nur) Bibel-»offenen« Gen Z-ler haben fast dieselben Werte wie die -»unengagierten«: Deren Haltungen zu den genannten Fragen unterscheiden sich jeweils nur um meist niedrige einstellige Prozentpunkte.

[5] Resiliente Nachfolger = Gemeindebesuch mindestens monatlich und Engagement nicht nur in den Gottesdiensten; festes Vertrauen in die Autorität der Bibel; persönliche Hingabe zu Jesus und Glaube an Tod und Auferstehung; Wunsch aus dem Glauben heraus die Gesellschaft zu verändern.

[6] S. Episode 2.

[7] Und liegt im Bereich der Gruppe der »Hochreligiösen« aus der Empirica-Jugendstudie 2018: dort Häufigkeit des Bibellesen einmal pro Woche: 16,8%; mehr als einmal: 30,9%, (einmal oder mehrmals) täglich, 27,8%.

[8] Fragestellung: Is this statement true of you? »I believe the Bible is a source of truth.«

[9] Fragestellung: Is this statement true of you? »I believe the Bible is totally accurate in all of the principles it teaches.«

[10] Fragestellung: Is this statement true of you? »I believe the Bible has teachings that are relevant to the world today.«

[11] Fragestellung: »How does the Bible make you feel? Select all that apply.«

[12] S. Episode 2.

[13] Bei den »Hochreligiösen« aus der Empirica Jugendstudie 2018 waren positive und negative Empfindungen auf einer Skala von 1-5 wie folgt verteilt: Dankbarkeit (4,5), Liebe (4,2), Geborgenheit (3,9), Vergebung (3,2) – Schuld (3,2), Enttäuschung (2,5), Zorn auf Gott (2,2), Angst (1,9).

[14] S. Episode 2.

[15] Vgl. die Empirica Jugendstudie 2018, bei der Vergebung und Schuld gleichauf waren (s.o.).

[16] S. Episode 4.

[17] S. Episode 4.

[18] Entschiedene Christen sind nach Barnas Definition solche, die sich als Christen identifizieren und eine persönliche Entscheidung getroffen haben, Jesus Christus nachzufolgen. Nominelle Christen sind solche, die sich als Christen identifizieren, aber keine persönliche Entscheidung getroffen haben, Jesus Christus nachzufolgen.

[19] Zu Dos and Don'ts des Evangeliums s. Episode 3.

[20] Dazu Episode 4.

[21] S. Episode 1.

[22] S. Episode 1.

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