Acht Gesprächsthemen

1. Schwarzfahrer-Gesellschaft 

Worum es geht: Die schwedische Organisation Planka funktioniert wie eine Schwarzfahrer-Versicherung. Mitglieder zahlen monatlich umgerechnet rund 10 Euro in einen Gemeinschaftstopf und fahren grundsätzlich schwarz. Wer erwischt wird, lässt seine Geldstrafe anschließend vom Club bezahlen.

Wenn Schwarzfahren zur Grauzone wird: Die Gründer der Organisation protestieren mit ihrer Initiative seit zehn Jahren gegen die Kostenerhöhung im Nahverkehr. In Deutschland zählt Schwarzfahren hingegen seit dem Dritten Reich als Straftat und bringt jedes Jahr tausende von Menschen ins Gefängnis. Dagegen hat sich in den letzten Monaten und Jahren gemäß Tagesschau sowohl ziviler als auch wissenschaftlicher Widerstand gebildet. Der Freiheitsfonds des Berliner Vereins Offene Türen kauft jedes Jahr mit Spendengeldern Gefangene frei und betreibt politisches Lobbying, um Schwarzfahren zu entkriminalisieren. Experten sind sich zurzeit noch uneinig, ob die Umwandlung von Strafgeld in Bußgeld wirklich zu einer finanziellen und administrativen Entlastung des Staates führt. In der Praxis verzichten zahlreiche deutsche Großstädte bereits heute darauf, Anzeige wegen Schwarzfahren zu erstatten. In der Schweiz befinden sich übrigens knapp 1 Million Schwarzfahrer in einem speziellen Schwarzfahrerregister, wo sie erst nach 2 Jahren gelöscht werden. Ganze 60% von ihnen werden bis dahin aber bereits wieder erwischt. In Luxemburg und Frankreich derweil gibt es in Dutzenden Städten seit Jahren schon Gratis ÖV.

Frag deine Jugendlichen: Würdest du einem Schwarzfahrer-Verein beitreten oder lieber dein Ticket bezahlen?

2. »Die Tränen, die im Netz geweint werden, die sieht man nicht« – Ein Signal, das wir nicht überhören dürfen

Worum es geht: Laut der Studie »Cyberlife V – Spannungsfeld zwischen Faszination und Gefahr« des Bündnisses gegen Cybermobbing sind über zwei Millionen Schülerinnen und Schüler in Deutschland Opfer von Cybermobbing geworden. 

Im klicksafe-Handbuch »Was tun bei Cybermobbing« erhalten pädagogische Fachkräfte auf rund 250 Seiten umfangreiches Hintergrundwissen zum Themenkomplex Mobbing, zur Prävention und zur Intervention.

Warum es wichtig ist: Nicht jede zur Anzeige gebrachte Straftat von Kindern und Jugendlichen ist dramatisch. Oft handelt es sich um Ladendiebstahl, Sachbeschädigung, Beleidigung oder leichte Körperverletzung. Die wenigsten von ihnen haben wiederholt mit der Polizei zu tun, wie Beate Ostertag vom LKA Berlin bestätigt. Allerdings ist die Zahl der tatverdächtigen Kinder (um 12%) und Jugendlichen (um 9%) laut den aktuellen Kriminalstatistiken 2023 weiter angestiegen. Besorgniserregend ist das komplexe Netz an Aggressionen, das im Cyberraum besteht. In den meisten Fällen ist der Tatort die Schule. Über 70 Prozent der Lehrkräfte berichten, dass sie mit dieser Problematik überfordert sind – ein signifikanter Anstieg im Vergleich zum Jahr davor, als dies 42 Prozent der Lehrkräfte angaben. Bundesweit fehlen mehr als 14.500 Lehrkräfte, was insbesondere Kinder mit erhöhtem Unterstützungsbedarf trifft. Die meisten Straftaten von Cybermobbing finden in der Schule statt, häufig in der Mittagspause oder nach Schulschluss. Viele Opfer kennen ihre Täter, was die Situation noch belastender macht. Eltern scheinen häufig überfordert, und es fehlen den Schulen klare Handlungsanweisungen für den Umgang mit solchen Fällen. Lösungsvorschläge gibt es einige, wie Handyverbote an Schulen, hinausgezögerter Zugang zum Smartphone. Aber solange wir unsere Hände vor Schreck über dem Kopf zusammenschlagen und unsere Füße nicht in die Hand nehmen, wird sich auch nichts ändern. Präventiv tätige Schulen haben weniger Cybermobbingfälle

Frag deine Jugendlichen: Was könnten Schulen, Jugendgruppen oder Eltern konkret tun, um Jugendlichen zu helfen, einen gesunden Umgang mit dem Smartphone zu entwickeln?

3. Eine Schule für Kinder, die aus jeder Schule rausfliegen

Worum es geht: »Die Siebengebirgsschule nimmt Kinder auf, mit denen Regelschulen überfordert sind, und ermöglicht ihnen, ins Lernen zurückzufinden, ihre Talente zu entdecken und hervorragende Leistungen zu erbringen«, lobt der Tübinger Erziehungswissenschaftler Thorsten Bohl. Eine Schule ohne klassischen Unterricht und ohne feste Stundenpläne? An der Siebengebirgsschule Bonn wird genau das Wirklichkeit: Individuelle Lernwege, Gleitzeit und Förderung nach Fähigkeiten.

Warum das Konzept entscheidend ist: Das Modell der Siebengebirgsschule könnte eine entscheidende Antwort auf viele Herausforderungen des deutschen Bildungssystems sein. Schulen, die sich in sozialen Brennpunkten befinden, kämpfen häufig mit Leistungsproblemen, Disziplinlosigkeit und Gewalt. Die Siebengebirgsschule zeigt, dass ein individuell angepasstes Lernkonzept nicht nur die Leistungen der Schüler verbessert, sondern auch das soziale Klima enorm aufwertet. Durch flexible Strukturen, digitale Lernplattformen und individuelle Betreuung kann das Team um Schulleiter Achim Bäumer die Eigenverantwortung und das Selbstbewusstsein der Schüler fördern. Es gibt klare Regeln und wöchentliche Feedbackgespräche, in denen Ziele gemeinsam gesetzt und überprüft werden. Lehrer begleiten die Schüler durch den Tag, unterstützen bei Schwierigkeiten und geben gezieltes Feedback. Das Ergebnis? Schüler, die sich ernstgenommen und wertgeschätzt fühlen – und eine deutlich geringere Gewaltquote an der Schule. Nicht ohne Grund wurde die Siebengebirgsschule mit dem Schulpreis 2024 ausgezeichnet. Verschaff dir hier einen kleinen Einblick.

Frag deine Jugendlichen: In welchen Bereichen fändest du es hilfreich, wenn du in deinem eigenen Tempo und auf deine Art lernen könntest?

4. KI entwickelt menschliche Sinne

Worum es geht: Stell dir vor, KI könnte nicht nur denken, sondern auch riechen, schmecken und fühlen. Statt nur Daten zu analysieren, könnte sie dir bald verraten, ob dein Orangensaft noch trinkbar ist oder welcher Duft perfekt zu deinem Stil passt. Was nach Science-Fiction klingt, ist bereits Realität.

Warum das wichtig ist: Diese Entwicklungen zeigen, wie tief KI-Technologie in unseren Alltag eingreifen wird. Die »elektronische Zunge« zum Beispiel könnte bald dafür sorgen, dass wir uns keine Gedanken mehr über verdorbene Lebensmittel machen müssen. Schluss mit der Frage, ob der Joghurt aus dem hintersten Eck des Kühlschranks noch gut ist – die KI übernimmt das für uns. Doch die Fähigkeiten der KI enden nicht beim Schmecken. Forscher haben eine Technologie entwickelt, die Schweine-Laute analysiert. Allein durch das Grunzen erkennt KI, ob Schweine glücklich oder gestresst sind. Emotionen von Tieren sind entscheidend für ihr Wohlbefinden, aber bislang schwer systematisch messbar. Und mit der »Generative AI Perfume Blender«-Plattform von NotCo und Cramer lassen sich Düfte kreieren, die Emotionen wecken – und das innerhalb von Sekunden, anstatt in monatelanger Entwicklungsarbeit. Ob schmecken, riechen, Tiersprache verstehen – Künstliche Intelligenz entwickelt menschliche Sinne.

Frag deine Jugendlichen: Wie stehst du zur Idee, dass KI unsere Sinne wie Schmecken, Riechen oder Fühlen ergänzt?

5. Christliches Drama in den Top 10 bei Netflix

Worum es geht: Warum ist der christliche Film Ordinary Angels plötzlich an der Spitze der Netflix-Charts? Was macht diese emotionale Geschichte einer alleinerziehenden Familie und einer mutigen Friseurin so besonders?

Warum es inspirierend ist: Ordinary Angels zeigt, dass es oft die einfachen Leute sind, die zu echten Helden werden. Sharon Stevens, gespielt von Hilary Swank, hat selbst viele Baustellen in ihrem Leben – sie ist alkoholabhängig, hat eine komplizierte Beziehung zu ihrem Sohn und kämpft mit dem Gefühl, nie gut genug zu sein. Trotz all dieser Schwierigkeiten mobilisiert sie ihre gesamte Nachbarschaft, um Ed Schmitt und seinen beiden Töchtern zu helfen. Die Geschichte macht deutlich: Man muss sein Leben nicht erst auf die Reihe bekommen, bevor man anderen helfen kann. Im Gegenteil, es ist oft genau diese Unvollkommenheit, die Menschen dazu befähigt, sich in andere hineinzufühlen und wirklich eine Veränderung zu bewirken. »Die Leute denken: ›Ich kann keinen Unterschied machen‹, aber du kannst einen Unterschied machen, indem du bei einer Person beginnst. Du kannst ein gewöhnlicher Engel sein und deine Bestimmung finden«, sagte Andy Erwin der Produzent. Der Film ermutigt die Zuschauer, in ihrem Alltag nach Möglichkeiten zu suchen, Licht in die Dunkelheit anderer Menschen zu bringen.

Frag deine Jugendlichen: Welche Personen sind für dich »gewöhnliche Engel«?

6. Dieser britische Gottesdienst-Trend ist auch für die Jugendarbeit brauchbar

Worum es geht: In der anglikanischen Kirche in Großbritannien wird seit Jahren ein Element namens »This Time Tomorrow« im Gottesdienst integriert (kurz »TTT«). Jeden Sonntag zwischen Lobpreis und Predigt wird ein Kirchenmitglied auf die Bühne gebeten und beantwortet drei einfache Fragen: Wo bist du morgen um diese Zeit? Mit welchen Herausforderungen und Chancen bist du bei deiner Arbeit konfrontiert? Wie können wir für dich beten?

Warum es für Jugendarbeit relevant ist: Dieses einfache Tool kann auch in kleineren Gruppen angewendet werden, in denen jeder die Fragen beantwortet und man abschließend füreinander betet. Die Verbindung der kirchlichen Aktivität mit dem konkreten Alltag der Jugendlichen kann die gesamte Atmosphäre einer Jugendarbeit verändern, denn TTT hilft dabei, ein tieferes Gefühl des gemeinsamen Unterwegsseins zu vermitteln und einander konkret in den Herausforderungen des Alltags zu ermutigen. Den gesamten Artikel zum neuen britischen Gottesdienst-Trend findest du hier bei MrJugendarbeit.

Frag deine Jugendlichen: Von wem aus deiner Jugendgruppe würdest du gern mal hören, wie es ihm oder ihr im Alltag geht?

7. Digital Detox – Warum verzichtet eine Megachurch auf Social Media?

Worum es geht: Sozialpsychologe Jonathan Haidt stellte letzte Woche Pastor Darren Whitehead von der Church of the City in den Mittelpunkt. Whitehead vertritt die Ansicht, dass Kirchen als eine der letzten Institutionen eine wirksame Alternative zur digitalen Welt bieten können, um den negativen Folgen von Social Media und Smartphone-Nutzung – Einsamkeit, Angst und FOMO – entgegenzuwirken.

Was wir daraus lernen können:Whitehead sieht die Kirche als sozialen Raum, der durch Unterstützung und Verbindlichkeit eine echte Alternative schafft. Gemeinsam mit seiner Gemeinde führte er ein vierwöchiges digitales Fasten durch, um die Abhängigkeit von Bildschirmen zu durchbrechen und den Blick auf reale Beziehungen zu lenken.

Ein tieferer Einblick: In seinem Buch Generation Angst kritisiert Haidt, dass sich der gesellschaftliche Fokus zu stark in digitale Nischenräume verlagert hat, während das Vertrauen in persönliche Kontakte schwächer wird. Das Ergebnis: Statt echter Verbundenheit finden sich viele Menschen in flüchtigen Online-Communities wieder. Whiteheads Ansatz, den Trend durch ein gemeinsames »Digital Detox« zu bremsen, zeigt Wirkung. Ein Mitglied seiner Kirche erklärt: »Das gemeinsame Fasten war entscheidend. Allein hätte ich schnell aufgegeben, aber die Unterstützung meiner Gruppe half mir, durchzuhalten.«

Im Smartphone-Guide für Eltern verdeutlichen wir, wie digitale Communities Eltern oft isoliert zurücklassen. Die Kirche bietet hier eine besondere Möglichkeit, junge Menschen mit erfahrenen Christen zu vernetzen, die als Wegbegleiter Orientierung geben. Denn letztlich geht es nicht nur um Verzicht, sondern um das Streben nach tieferer Gemeinschaft – mit Gott und untereinander.

Frag deine Jugendlichen: Was macht eine erwachsene Person für dich vertrauenswürdig? Was macht die Kirche heute einzigartig? Wen würdest du dir als Mentor wünschen?

8. Dürfen Christen True Crime schauen?

Worum es geht: Das True-Crime-Genre boomt und fasziniert Millionen – insbesondere zur Halloween-Zeit, wenn der Wunsch nach Grusel und Nervenkitzel wächst. Doch True Crime ist längst nicht mehr nur saisonale Unterhaltung. Eine aktuelle YouGov Umfrage zeigt: 57 % der Amerikaner konsumieren regelmäßig True Crime. Aber welche Wirkung hat es, wenn wir immer wieder Geschichten von realen Verbrechen sehen?

Warum fasziniert True Crime? Weil es eine klare Struktur hat: Ein Verbrechen, Hinweise, die Aufklärung. Diese Erzählweise gibt das beruhigende Gefühl, dass Gerechtigkeit herrscht. In einem Artikel von Psychology Today warnen Psychologie-Experten, dass der häufige Konsum solcher Inhalte unsere Sicht auf die Welt und das menschliche Verhalten negativ beeinflussen kann. Axis 7-Minuten-Video regt dazu an, darüber nachzudenken, wie diese Inhalte unser Denken und unseren Glauben prägen.

Frag deine Jugendlichen: Warum glaubst du, ist True Crime so beliebt? Wie prägen solche Geschichten deine Sicht auf Gerechtigkeit und die menschliche Natur?

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