Es war, als würde man einen Crash in Zeitlupe beobachten. Ich werde nie vergessen, wie damals mein Reisegefährte versuchte, unsere Kellnerin zu evangelisieren. Wir waren in Amerika, hatten Jetlag und befanden uns mitten in einer Konferenz. Vielleicht zählt das alles als mildernde Umstände, aber ich glaube, er wollte mich auch einfach mit seinem geistlichen Eifer beeindrucken. Kaum hatten wir die Empfehlungen des Hauses gehört, stellte er uns als zwei mysteriöse Fremde vor, die nur wegen einer christlichen Veranstaltung in der Stadt waren. Dann fragte er die Kellnerin, ob sie manchmal betete. Ich kann mir vorstellen, dass es nur ihre fehlgeleitete Hoffnung war, dass gottesfürchtige Menschen größere Trinkgelder geben, die dafür sorgte, dass sie höflich auf seine Fragen einging. Absolut sicher war, dass sie kein wirkliches Interesse hatte, dieses Gespräch mit uns zu führen.

Mein Freund hatte die Zeichen allerdings nicht erkannt. Die Kellnerin wies die Gebetsfrage höflich zurück. Ebenso seine leicht aufdringlichen Folgefrage, was sie glaubt, wohin sie käme, wenn sie heute Nacht sterben würde. Als sie mit unserer Bestellung wegging, entschied mein Freund, dass »die Chancen gut standen« und plante schon seinen nächsten Angriff. Ich überlegte, ob ich mich vielleicht aus dem Staub machen sollte. Als das Essen dann kam, wurde es – wenig überraschend – vom Manager serviert.

Menschen entscheiden sich nicht für die Nachfolge Jesu, weil sie von der brillanteren Logik besiegt wurden, sondern weil sie den Ruf des Heiligen Geistes gehört und verstanden haben, sich der Familie anzuschließen.—Martin Saunders

Evangelisation muss nicht so sein. Wir müssen nicht durch das Leben laufen, sprungbereit, um uns auf das nächstbeste nichtsahnende Opfer zu stürzen. Wir müssen nicht – metaphorisch gesprochen – den Menschen die Arme hinter dem Rücken verdrehen und versuchen, Menschen zu zwingen, ihre Sünde zu bekennen. Wir müssen die Menschen nicht mit klugen Worten oder brillanten Traktaten austricksen – wir verkaufen hier keine doppelverglasten Fenster nach irgend einem Gesprächsskript. Aber nur weil wir nicht versuchen sollten, den Menschen das Evangelium über den Kopf zu hauen, heißt das nicht, dass Evangelisation nicht wichtig ist. Das ist sie definitiv.

Ist Evangelisation anstößig?

Der Begriff und das Wort selbst sind in letzter Zeit für viele Menschen etwas unangenehm geworden. Unausweichlich ist es mit dem schmuddelig gewordenen Begriff des »Evangelikalismus« verbunden. Noch wichtiger ist vielleicht, dass es sich in einer pluralistischen Kultur sogar etwas beleidigend anfühlen kann. Der Gedanke, dass wir Menschen zu einem bestimmten, möglicherweise sogar restriktiven, Wertesystem überreden wollen, ist nicht sehr im Sinne von »sei einfach du selbst«.

Zudem gibt es fälschlicherweise eine Trennung zwischen der expliziten Verkündigung und dem Teilen des Glaubens einerseits und der biblischen Priorität für soziale Gerechtigkeit andererseits. Verallgemeinert gesagt: Die meisten Christen scheinen ziemlich stark zu dem einen oder zu dem anderen zu neigen – als ob die richtige Nachfolge Jesu eine Entweder-oder-Entscheidung zwischen den beiden erfordert. Doch die Bibel scheint keine solche Unterscheidung oder Hierarchie aufzustellen. Jesus sagt, »daran wird jeder erkennen, dass ihr meine Jünger seid, wenn ihr euch untereinander liebt«. Gerechtigkeit und Evangelisation sind untrennbar miteinander verbunden.

Menschen zu Jüngern zu machen – anderen Menschen buchstäblich zu helfen, zu lernen, Jesus nachzufolgen – ist so wichtig, dass es zu den letzten Anweisungen gehört, die der Herr gibt, bevor er die Erde in menschlicher Gestalt verlässt (Matthäus 28, Markus 16). Genauso wie die Wahrung von Gerechtigkeit, ist es eine der wichtigsten Aktivitäten im Reich Gottes; ein wesentliches Element unserer eigenen Nachfolge und ein wichtiger Teil des Abenteuers, in das Jesus uns und unsere jungen Leute einlädt.

»Wenn Evangelisation nicht Teil unseres normalen Lebens ist; wenn wir jungen Menschen niemals ehrlich von unseren eigenen Versuchen und Fehlschlägen erzählen können, warum sollten sie dann jemals glauben, dass es ein wichtiger Teil ihres Lebens sein sollte?«

Aber… es ist schwierig. Wir finden es unangenehm; wir haben Angst zu versagen oder dumm dazustehen; wir wissen nicht, wie oder wo wir anfangen sollen. Mit all dem im Hinterkopf, sind hier ein paar Gedanken darüber, wie wir jungen Menschen helfen können, mit ihren Freunden über den Glauben zu sprechen:

1. Mach es nicht so kompliziert

Evangelisation muss nicht bedeuten, sich auf einer Debattierbühne mit Atheisten anzulegen (Hut ab vor denen, die das tun). Es kommt auch auf kleine Dinge an, zum Beispiel unseren Umgang mit sozialen Medien oder unseren Glauben nicht absichtlich vor unseren Freunden zu verstecken. Manchmal ist Evangelisation nur ein kleiner Hinweis in einem Gespräch mit unseren Freunden, der mit der Zeit zu etwas Wesentlichem heranwächst. Wir dürfen nicht nur Modelle der Evangelisation anbieten, die auf Konfrontation ausgelegt sind.

2. Mach es zu einem Teil deiner Kultur

Wie Gerechtigkeit sollte auch das Teilen des Glaubens nicht etwas sein, worüber man nur einmal im Jahr während einer speziellen Predigt zu diesem Thema spricht. Vielmehr sollten wir versuchen, unsere Gruppen und Gemeinden zu Orten zu machen, wo es natürlich und sicher ist, unsere Freunde einzuladen. Wenn wir aufrichtig freundliche Orte schaffen, an denen sich Menschen willkommen und nicht verurteilt fühlen, dann werden junge Menschen automatisch ihre Freunde mitbringen – und das nicht nur zu extra Veranstaltungen für »Suchende«.

3. Mach es zu etwas, das du vorlebst

Das Schwierigste an der Jüngerschaft mit Jugendlichen ist, dass sie ziemlich bedeutungslos ist, wenn du das Leben in der Nachfolge Jesu nicht selbst vorlebst. Junge Menschen sind Lehrlinge, die lernen, Jesus nachzufolgen, wenn sie uns dabei beobachten, wie wir dasselbe tun (siehe Paulus in 1. Korinther 11,1). Wenn also Evangelisation kein Teil unseres normalen Lebens ist – wenn wir ihnen nie wahrheitsgemäß von unseren eigenen Versuchen und Fehlschlägen erzählen können – warum sollten sie dann jemals glauben, dass es ein wichtiger Teil ihres Lebens sein sollte?

4. Das Wichtigste: Mach es zu einer Einladung in die Familie

Zum Schluss: Ein weiser Mensch hat einmal gesagt, dass sich nie jemand zum Christentum bekehrt hat, weil er die Diskussion verloren hat. Menschen entscheiden sich nicht für die Nachfolge Jesu, weil sie von der brillanteren Logik besiegt wurden, sondern weil sie den Ruf des Heiligen Geistes gehört und verstanden haben, sich der Familie anzuschließen. So sollten wir mit jungen Menschen über Evangelisation sprechen: einfach als Einladung an unsere Freunde und Nachbarn, dieselbe Liebe, Vergebung und Zugehörigkeit zu erfahren, die wir erlebt haben. Und das ist sowohl für den, der evangelisiert, als auch für den, der evangelisiert wird, sehr viel überzeugender als eine unangebrachte Konfrontation.

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Foto von Malcolm Lightbody auf Unsplash

Dieser Artikel wurde von Martin Saunders verfasst und zuerst von unseren Freunden bei youthscape.co.uk veröffentlicht, die die christliche Jugendarbeit in Grossbritannien fördern. Übersetzt von Esther Penner.

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