DRAN: Janet, wie hast du die letzten Wochen empfunden?

Es war viel los. Gerade für Philipps Beerdigung haben wir als Freunde viel organisiert. Und dann war ja noch die Hochzeit von Johannes. Deswegen hatte ich einiges zu tun. Ich denke, das hat sowohl positive als auch negative Seiten. Aber jetzt nach den stressigen Wochen habe ich mir Zeit genommen, um meine Gedanken zu ordnen und alles Revue passieren zu lassen.

Gruppenstunde mit Andacht zum Film »Philipp Mickenbecker – Real Life«
Diese Reflexionseinheit dient als Leitfaden, um den Film »Philipp Mickenbecker – Real Life« und seine Themen im Religionsunterricht oder einer Gruppenstunde zu besprechen. Ziel: Emotionen und Gedanken der Schüler in einem sicheren und unterstützenden Rahmen zu kanalisieren.

Wie gehst du mit der Trauer um?

Ich tausche mich viel mit Freunden aus. Und ich habe in schwierigen Situationen mit Pastoren, wie beispielsweise Antonio Weil telefoniert, der Philipp auch sehr gut kannte. Es tut mir gut zu wissen, dass ich mit all der Trauer nicht allein bin.

Wie war Philipp als Freund?

Philipp war für mich der perfekte beste Freund. Er war sehr herzlich, liebevoll und lebenslustig. Seine Ideen waren richtig wild und verrückt. Und er konnte Leute dazu begeistern, mitzumachen. Wir hatten eine sehr abenteuerreiche Zeit zusammen. Er war auch super hilfsbereit und hatte immer ein offenes Ohr für andere. Und er konnte richtig gut auf fremde Menschen zugehen. In seiner Gegenwart hat man sich schnell wohlgefühlt.

Gibt es ein Erlebnis, an das du besonders gern zurückdenkst?

Am liebsten denke ich an unser Baumhausprojekt zurück. Dabei habe ich Philipp so richtig kennengelernt. Nach dem Bauen saßen wir als Freunde am Lagerfeuer zusammen und dann hat Philipp die wildesten Stories erzählt, was er und sein Bruder so erlebt haben. Wir haben alle gespannt zugehört. Er hatte die Fähigkeit, uns alle zusammenzuhalten.

Was hast du von Philipp gelernt?

Philipp hat mein Leben grundlegend verändert! Kein Mensch hat mir so viel beigebracht wie er. Sowohl persönlich als auch handwerklich. Er hat mir gezeigt, wie man schweißt, flext und generell mit Werkzeugen umgeht.

Durch ihn konnte ich mich selbst besser kennenlernen. Jetzt weiß ich, welche Stärken ich habe. Er hat mich immer wieder aus meiner Komfortzone herausgelockt. Auch im Glauben war er mir ein großes Vorbild. Ich war fasziniert von seinen Begegnungen mit Gott. Ich habe gelernt, in alle Lebenssituationen Gott mitreinzunehmen, weil ich weiß, wie viel Halt das gibt. Und Philipp hat mir gezeigt, was wahre Freundschaft bedeutet. Dass man jemanden bedingungslos freundschaftlich lieben kann. Mir ist jetzt bewusst, wie schnell das Leben vorbei sein kann.

Wenn ich das Leben vom Ende her betrachte, merke ich, dass Sachen wie Geld oder materielle Dinge überhaupt keine Rolle spielen. Dafür sind Beziehungen das wertvollste. – Janet

In der Öffentlichkeit wird ein perfektes Bild von Philipp gezeichnet. Welche Rolle spielt für dich deine Erinnerung an ihn?

Philipp hatte auch schwache Momente, die er zum Teil mit der Öffentlichkeit geteilt hat. Diese Momente sind menschlich. Trotzdem hat er immer an Jesus festgehalten. Das fand ich sehr faszinierend und das wünsche ich mir auch, wenn ich mal in schwierigen Situationen bin. 

Du warst eine der Ersten, die von Philipps dritter Krebsdiagnose erfahren hat. Wie hast du ihn in dieser Situation erlebt?

Wir saßen am späten Abend auf dem Dach der WG und haben uns das Manuskript seines Buches durchgelesen. Er hat mir irgendwann die Frage gestellt, ob ich denke, dass die Message seines Buches hinfällig wäre, wenn sein Krebs zurückkommt. Ich habe mich erst mal voll über die Frage gewundert. Dann habe ich ihm gesagt, dass ich das auf keinen Fall denke. Und dass Gott bei seiner zweiten Diagnose an seiner Seite stand und auch bei einem dritten Mal immer da sein wird. Ich habe ihn gefragt, warum er so eine Frage stellt. Daraufhin sind ihm Tränen gekommen und er hat mir erzählt, dass er wenige Stunden davor eine Beule auf seiner Brust entdeckt hat. Ich denke, ihm war bewusst, was es bedeutete, ein drittes Mal Krebs zu haben und dass die Heilungswahrscheinlichkeit sehr gering war.

Philipp teilt seinen Followern mit, »Ich habe wieder Krebs«

Wie konntest du damit umgehen?

Dadurch dass Philipp so stark und humorvoll damit umgegangen ist, ging es für mich. Selbst wenn wir beim Arzt waren, hat er Witze gemacht. Ich habe sehr offen mit ihm gesprochen, das hat mir Kraft gegeben. Aber am Ende war es schon schwer, als es ihm immer schlechter ging. Da hatte ich Momente, in denen ich Gott angeklagt habe.

Wie hast du Gott in der Zeit erlebt?

Gott war immer da. Und er hat uns immer wieder kleine Wunder geschenkt. Gerade an dem Tag als Philipp starb, hat sich Gott deutlich gezeigt. Wir konnten uns alle im Krankenhaus von Philipp verabschieden. Wäre Philipp eine Woche vorher gestorben, hätten wir ihn wegen Corona nicht besuchen dürfen. Und es war so krass, wie friedlich er von uns gegangen ist.

Siehst du es als Chance, dass euch viele Menschen gerade als authentische und lebendige Christen erleben?

Auf jeden Fall. Ich bin unendlich dankbar, dass ich diese Story hautnah miterleben durfte. Es war Philipps Herzenshaltung, dass andere Menschen die Liebe Gottes genauso erleben wie er. Er wollte, dass Menschen sich die Frage stellen, was nach dem Tod kommt. Und dass sie dann dankbar sind für ihr Leben.

Interview: Erika Weiss

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