»Nur hüte dich und bewahre deine Seele wohl, dass du die Geschehnisse nicht vergisst, die deine Augen gesehen haben, und dass sie nicht aus deinem Herzen weichen alle Tage deines Lebens– 5. Mose 4,9 (SLT)

Ich habe es geliebt, mir Neujahrsvorsätze zu machen – tatsächlich liebte ich es viel mehr, sie zu machen, als sie einzuhalten. Aber vor etwa acht Jahren wurde ich in die alte Tradition eingeführt, eine Lebensregel zu erstellen, und seitdem hat sich gezeigt, dass dies eine viel bessere Nutzung von Zeit und Energie ist.

Eine Lebensregel enthält geistliche, beziehungsorientierte und berufliche Rhythmen, die notwendig sind, um das Leben in Christus zu bewahren, zu dem wir berufen sind. Und das Beste: Sie wird nicht jedes Jahr über den Haufen geworfen. Für alle, die mit der Idee einer Lebensregel noch nicht vertraut sind oder bisher keine aufgestellt haben, bietet sich der Jahreswechsel perfekt an, um damit zu beginnen.

Dieses Jahr: Keine Vorsätze. Stell stattdessen eine Lebensregel auf.

Warum eine Lebensregel erstellen?

Jeder Christ lebt nach bestimmten Mustern – sei es ein bewusst entwickeltes Regelwerk oder ein unausgesprochenes Set von Gewohnheiten und Werten, wie das Gebet vor den Mahlzeiten oder der Kirchgang an zwei Sonntagen im Monat. Doch oft sind wir weniger achtsam, wenn es um unsere geistliche Entwicklung geht, als bei der Organisation unserer Arbeitszeit oder unserer Prioritäten im Alltag. Das bleibt nicht ohne Folgen: Unser geistliches Leben und unsere Beziehungen leiden darunter.

Inmitten voller Terminkalender jonglieren wir ständig mit Verpflichtungen und Beziehungen – und oft fühlen wir uns, als würden uns mehr Bälle aus der Hand fallen, als wir überhaupt in der Luft halten können. Ohne eine bewusste, durchdachte Struktur, wie wir unser Leben meistern wollen, enden wir oft abgelenkt und überfordert. Unser geistliches und emotionales Wachstum stagniert. Nur wenige von uns wollen diesen Ansatz für ihr Leben wählen, aber es scheint einfach zu passieren.

Die häufigsten Symptome dieses ungeplanten Lebens?

  • Zerstreut: Unser Terminkalender ist voll, spiegelt aber nicht unsere Prioritäten wider.
  • Gehetzt: Wir sind immer beschäftigt, wissen aber oft nicht, was wir ändern könnten.
  • Reaktiv: Statt proaktiv zu handeln, reagieren wir ständig nur auf Anforderungen.
  • Erschöpft: Am Ende des Tages sind wir müde und frustriert, unsicher, ob wir unsere Zeit sinnvoll genutzt haben.

Als Pastor habe ich immer wieder festgestellt, dass viele meiner Freunde und Gemeindemitglieder nicht aufgrund von schlechter Theologie oder mangelndem biblischen Wissen geistlich stagnieren.

Wir scheitern oft daran, geistlich zu wachsen, weil wir keine Zeit und keinen Raum für eine tiefe, beständige Gemeinschaft mit Gott eingeplant haben.

Dieser Mangel an geistlicher Planung kann in einem lauen Herzen gegenüber Christus begründet sein. Doch manchmal wollen wir auch von ganzem Herzen tiefer in die Beziehung zu Gott wachsen, wissen aber nicht, wie wir Zeit und Raum dafür schaffen können. Uns fehlt eine Struktur, die uns hilft, regelmäßig Zeit mit ihm zu verbringen und geistliche Kraft für die Herausforderungen des Alltags zu schöpfen.

Was ist eine Lebensregel?

Eine Lebensregel ist »ein bewusster Plan, um Gott in den Mittelpunkt unseres Handelns zu stellen. ... Ausgangspunkt und Grundlage jeder Regel ist der Wunsch, mit Gott zusammen zu sein und ihn zu lieben« (Peter Scazzero, Emotionally Healthy Spirituality, S. 196).

Die Regel hilft uns, »mit dem Ziel vor Augen zu beginnen«: sich einen nachhaltigen, erfüllenden Weg mit Gott vorzustellen – im Gebet, im Bibellesen, in der Gemeinschaft, in der Familie und bei der Arbeit. Von dort aus entwickeln wir rückwärts eine Reihe von Verpflichtungen, die uns dabei helfen. Eine Lebensregel ist keine detaillierte To-do-Liste, die abgearbeitet werden muss. Stattdessen gibt sie dir Raum, gebeterfüllt zu erkennen, welche Rollen und Verantwortlichkeiten Jesus dir gegeben hat, und dein Leben so zu organisieren, dass es deinem geistlichen Wachstum und deiner Beziehung zu ihm am förderlichsten ist.

Lebensregeln haben eine lange Tradition in der Kirchengeschichte. Sie lassen sich bis zur frühen Mönchsbewegung im 4. Jahrhundert zurückverfolgen, und die bekannteste Regel wurde im 6. Jahrhundert von Benedikt von Nursia verfasst. Die Regel des heiligen Benedikt hat sowohl die östliche als auch die westliche Christenheit seit etwa 1.500 Jahren geprägt. Viele Reformatoren und evangelische Leiter haben ähnliche geistliche Routinen entwickelt, ohne sie ausdrücklich »Lebensregel« zu nennen. In jüngerer Zeit wenden sich Christen wieder dieser Tradition zu, um dem hektischen und fragmentierten Leben unserer modernen Kultur entgegenzuwirken. Ja, Christen hatten ihre 12 Regeln fürs Leben, lange bevor es cool wurde.

Die fünf Grundelemente einer Lebensregel

Wenn ich anderen helfe, eine Lebensregel zu entwickeln, schlage ich fünf zentrale Bereiche vor: die Beziehung zu Gott, das Privatleben und die Gesundheit, Beziehungen, Gemeinde und Arbeit.

Das Ziel unseres Lebens ist es, in tiefer Gemeinschaft mit Jesus zu leben und fest in ihm verwurzelt zu sein. Doch wie, wann und wo wir diese geistliche Verbindung leben, hängt stark von unterschiedlichen Faktoren ab – wie unserer Lebensphase, unseren beruflichen Verpflichtungen oder unserer körperlichen Verfassung. Wenn du zum Beispiel mehrere Jobs hast oder kleine Kinder betreust, sollte deine Lebensregel diese Verantwortlichkeiten berücksichtigen. Um es mit Clint Eastwoods Worten in Dirty Harry zu sagen: »Ein Mann muss seine Grenzen kennen.«

Hier sind einige Unterkategorien als Inspiration. Du wirst sicher im Gebet über deine eigenen Bereiche nachdenken wollen.

Beziehung zu Gott

  • Bibellesen
  • Gebet
  • Stille und Einsamkeit
  • Studium und Reflexion

Persönliches Leben/Gesundheit

  • Schlaf
  • Ruhe und Sabbat
  • Körperliche Gesundheit und Fitness
  • Freizeit und Hobbys
  • Geld und Besitz

Beziehungen

  • Freundschaften
  • Nachbarn und Kollegen
  • Ehe
  • Kinder und Erziehung
  • Großfamilie

Gemeinde

  • Teilnahme und Gottesdienst
  • Freundschaften und Gemeinschaft
  • Dienst und Mission
  • Großzügigkeit

Arbeit

  • Berufung/Vokation
  • Aktuelle Position und Verantwortlichkeiten
  • Beziehungen am Arbeitsplatz
  • Weiterbildung, persönliche Entwicklung und Coaching

Für jeden der fünf Lebensbereiche notiere ich einen Schlüsselvers, eine Vision und vier bis acht konkrete Verpflichtungen. Ein Beispiel für den Bereich »Persönliches Leben/Gesundheit« könnte so aussehen:

Vers: »Nur hüte dich und bewahre deine Seele wohl, dass du die Geschehnisse nicht vergisst, die deine Augen gesehen haben, und dass sie nicht aus deinem Herzen weichen alle Tage deines Lebens.« – 5. Mose 4,9 (SLT)

Vision: Ich bin als Mensch nach dem Bild Gottes geschaffen, mit Grenzen und Bedürfnissen; Gott hat mich zum Verwalter meines Leben und meiner Gesundheit gemacht, und ich ehre ihn, indem ich bewusst auf geistige, körperliche und emotionale Erholung achte.

Verpflichtungen:

  • Ich sorge dafür, dass ich durchschnittlich acht Stunden pro Nacht schlafe (21:30 Uhr bis 5:30 Uhr).
  • Ich arbeite nicht mehr als 50 Stunden pro Woche, davon nur an zwei Abenden pro Woche.
  • Ich trainiere fünf Tage pro Woche (Mo. – Fr. von 16 bis 17 Uhr).
  • Ich überprüfe jeden Freitag unsere Ausgaben und bespreche unsere Finanzen am Ende jedes Monats mit meiner Frau.
  • Ich nehme mir jeden Sonntag (13 bis 15 Uhr) Zeit, um die vergangene Woche zu reflektieren und die kommende Woche zu planen.

Wie du deine erste Lebensregel erstellst

Wenn du zum ersten Mal eine Lebensregel schreibst, empfehle ich dir eine strukturierte Vorgehensweise. Viele der folgenden Ideen habe ich von meinem befreundeten Pastor Brian Howard und meinem geistlichen Begleiter Rich Plass übernommen.

1. Plane im Voraus
Nimm dir idealerweise einen ganzen Tag – acht bis zehn Stunden – Zeit, um dich voll und ganz auf das Schreiben deiner Lebensregel zu konzentrieren. Dabei gilt: Ziele werden oft überschätzt, Verpflichtungen dagegen unterschätzt. Wenn du ernsthaft vorhast, eine Lebensregel zu erstellen, ist der erste Schritt, deinen Kalender zu nehmen und einen ganzen Tag dafür zu blocken. Falls du verheiratet bist, stimme dich mit deinem Partner ab, um Termine entsprechend anzupassen.

2. Suche dir einen Rückzugsort
Finde einen Ort, an dem du ungestört bist und der dir gut tut. Meine Familie hat zum Beispiel eine kleine Hütte im Wald, etwa eine Stunde von unserem Zuhause entfernt. Früher, als ich in Louisville lebte, verbrachte ich solche Tage in der Abtei Gethsemani. Du könntest deinen Einkehrtag auch in einer öffentlichen Bibliothek, einem Park oder sogar zu Hause verbringen, solange dort keine Ablenkungen sind. Wähle einen Ort, der dir Kraft und Inspiration schenkt!

3. Bereite dich vor
Ich empfehle, nur eine Bibel und ein leeres Notizbuch mitzunehmen. Lass Laptop und Smartphone zu Hause – du kannst deine Notizen später abtippen. Versuche außerdem, keine Musik zu hören, um dich nicht ablenken zu lassen.

4. Beginne mit Gottes Wort
Widme die ersten Stunden des Tages dem Lesen der Bibel. Das hilft dir, zur Ruhe zu kommen und dein Herz auf Gott auszurichten.

Wenn ich meine eigene Lebensregel schreibe oder überarbeite, lese ich oft mehrere Psalmen und wähle ein weiteres biblisches Buch aus, das ich vollständig durchlese.

Nimm dir Zeit, um für jede der fünf Hauptkategorien deiner Lebensregeln einen passenden Schlüsselvers zu finden. Lass dir dabei ruhig Zeit – es geht dabei nicht um Schnelligkeit!

5. Bete über die fünf Lebensbereiche
Denk im Gebet über die fünf Hauptbereiche deines Lebens nach: Beziehung zu Gott, persönliches Leben/Gesundheit, Beziehungen, Gemeinde und Arbeit. Überlege, welcher Bereich in deinem Leben gerade die meiste Aufmerksamkeit braucht. Ich habe oft festgestellt, dass es mir leicht fällt, genau den Bereich zu ignorieren, der am dringendsten meine Aufmerksamkeit benötigt.

Zum Beispiel fällt es mir schwer, über unsere Familienfinanzen nachzudenken und dafür zu beten. Doch gerade dort bin ich oft versucht, mich von Gott zu entfernen. Deshalb muss ich regelmäßig bewusst Gott mein Herz in Bezug auf Geld und Besitz anvertrauen.

6. Schreibe deine Verpflichtungen auf
Es gibt einen großen Unterschied zwischen Zielen und Verpflichtungen. Ein Ziel ist etwas, das du erreichen möchtest, wie z.B. einen Marathon zu laufen. Eine Verpflichtung hingegen ist ein Lebensrhythmus, der dich in die Lage versetzt, dieses Ziel zu erreichen, wie z.B. fünf Tage die Woche sechs Kilometer zu laufen.

Ziele werden überbewertet, Verpflichtungen werden unterbewertet.

Wenn dein Einkehrtag vorbei ist und du wieder in der Welt der Technologie gelandet bist, übertrage jede deiner Verpflichtungen in deinen Kalender.

Deep Living

Mit den Worten von General George S. Patton: »Ein guter Plan, der jetzt mit Nachdruck ausgeführt wird, ist besser als ein perfekter Plan nächste Woche.« Du musst nicht alles von Anfang an perfekt machen. Denke stets an das Ziel deiner Lebensregel: bewusst Zeit und Raum zu schaffen, um tiefe Gemeinschaft mit Gott zu erleben, sodass er deine Tage neu ausrichten und lenken kann und du ihn auf diesem Weg immer mehr verherrlichst.

Seit ich 2010 meine erste Lebensregel aufgestellt habe, haben sich meine Lebensumstände erheblich verändert, doch mein wöchentlicher Rhythmus ist erstaunlich konstant geblieben: Morgengebet und Bibellektüre, Reflexion und Wochenplanung am Sonntagnachmittag, zwei Arbeitsabende pro Woche, Sabbat am Montag, halbjährliche Einkehrzeiten und ähnliche Gewohnheiten. Meine Rollen haben sich verändert und meine Verantwortlichkeiten haben zugenommen, aber meine Lebensregel und ihre Praxis haben mich in einer Reihe von Verpflichtungen und Gewohnheiten verankert, die mir immer wieder Frieden, Freude und Wachstum ermöglicht haben.

Eine Lebensregel aufzustellen und nach ihr zu leben, mag nicht jedermanns Sache sein, aber in unserer geschäftigen und fragmentierten Welt ist sie ein bewährtes und wertvolles Werkzeug für ein tiefgründiges, weises Leben.

Ich sehne mich danach, dass wir in unseren Gemeinden langsamer werden, bewusster beten, planen und Raum schaffen, um uns auf Gott, sein Wort und seine Berufung für unser Leben auszurichten. Stell dir eine Kirche vor – oder sogar eine Bewegung von Kirchen – die aus einer Position der Ruhe, der Erneuerung und der geistlichen Stärke heraus in das Leben ihrer Nachbarn und in die Herausforderungen ihrer Umgebung hineinwirkt.

Vielleicht möchtest du in diesem Winter gute Vorsätze fassen oder ein »Wort des Jahres« wählen. Doch bedenke, dass dein Leben in Christus auf einer noch tieferen Ebene verändert werden kann, wenn du eine Lebensregel aufstellst und danach lebst. Möge dein innerer Mensch – wie es in Epheser 3,16 heißt – durch den Geist in Christus gestärkt werden!

Dieser Artikel wurde von Jeremy Linneman verfasst und zuerst von The Gospel Coalition (TGC) veröffentlicht. Deutsche Version von Esther Penner. Verwendet mit Genehmigung von The Gospel Coalition.

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