Es ist Dienstag. Auf deiner To-do-Liste steht ganz oben: Gruppenstunde vorbereiten. Du setzt dich mit einem Kaffee an den Tisch, formulierst dein Ziel und skizzierst die ersten Gedanken. Dann klingelt dein Telefon. Ein Jugendlicher braucht dringend jemanden zum Reden. »Nur kurz«, denkst du – aber das Gespräch geht tiefer, als du erwartet hast. Am nächsten Tag versuchst du, die Gruppenstunde zwischen Meetings und Mails weiterzuschreiben. Doch dann ploppt eine Nachricht auf: »Hey, hast du kurz Zeit? Ich brauche dringend einen Rat…« Und natürlich hast du Zeit. Weil Beziehungen dir wichtiger sind als perfekt ausgearbeitete Inhalte. Jetzt ist Donnerstagabend. Du sitzt vor deinem Laptop und versuchst, die Gruppenstunde für morgen weiter vorzubereiten. Kennst du das? In solchen Momenten klingt Künstliche Intelligenz (KI) als Unterstützung verlockend – aber ist das wirklich vereinbar mit beziehungsorientierter Jugendarbeit?

Die kurze Antwort: Ja, wenn wir KI richtig einsetzen. Denn in der Jugendarbeit geht es nicht um perfekte Programme oder moderne Methoden – es geht um echte Beziehungen zu jungen Menschen, die Jesus kennenlernen und ihm nachfolgen wollen.

Wir Jugendleiter jonglieren oft zwischen Gruppenstundenvorbereitung, Eventplanung, Chatnachrichten, Social Media, E-Mails und Seelsorgegesprächen. Der Druck ist real. Wenn unsere Gruppenstunde am Abend vorher oder vielleicht nur ein paar Stunden vorher erst halb fertig ist, liegt es meist nicht daran, dass wir die Vorbereitung auf die lange Bank geschoben haben. Sondern weil wir unsere Zeit dort investiert haben, wo sie am wichtigsten ist: in Beziehungen. Natürlich sind gesunde Grenzen wichtig – und ja, auch gute Vorbereitung.

Und hier kommt KI ins Spiel. Sie kann uns helfen, den administrativen und inhaltlichen Overload zu reduzieren, damit wir mehr Zeit für das haben, was wirklich zählt: Beziehungen.

Jugendliche brauchen keine perfekt ausgearbeiteten Programme, sondern echte Beziehungen zu Erwachsenen, die für sie da sind und sie zu Jesus führen.

Unser Auftrag ist nicht, sie mit möglichst viel Wissen vollzupumpen, sondern mit ihnen gemeinsam Jesus nachzufolgen – im Alltag, inmitten von Herausforderungen und in unseren Lebens- und Glaubensfragen.

Wie kann KI uns also in der Jugendarbeit unterstützen, ohne dass wir unsere Werte oder unsere Vision von beziehungsorientierter Jugendarbeit verlieren?

Warum Beziehungen wichtiger denn je sind

Eine aktuelle Studie des Springtide Research Institute zeigt: 45% der jungen Menschen fühlen sich nicht wirklich verstanden, ein Drittel gibt an, die meiste Zeit allein zu sein. Wir leben in der am stärksten vernetzten, aber gleichzeitig einsamsten Generation aller Zeiten.

Dazu kommt: Glaube wird nicht durch bloße Wissensvermittlung weitergegeben, sondern durch Beziehungen, Vorbilder und echte Jüngerschaft. Jugendliche bleiben nicht im Glauben, weil sie eine gut durchdachte Apologetik gehört haben, sondern weil sie erlebt haben, dass Jesus real ist – und dass es Erwachsene gibt, die mit ihnen gemeinsam auf dem Weg sind.

Jugendliche, die enge Beziehungen zu christlichen Vorbildern haben, bleiben langfristig eher im Glauben.

Was bedeutet das für uns als Jugendleiter? Beziehungen sind wichtiger denn je. Jugendliche bleiben nicht im Glauben, weil sie eine perfekte Predigt gehört haben, sondern weil sie authentische Vorbilder erleben, die mit ihnen gemeinsam Jesus nachfolgen – im Alltag, in Krisen, in Freude und Zweifel.

Das bedeutet für uns: Alles, was uns hilft, mehr Zeit für Jugendliche zu haben, ist ein Gewinn. Und genau hier kann KI einen wertvollen Beitrag leisten.

KI als Assistenz – nicht als Ersatz

Eins vorweg: KI kann keinen Jugendleiter ersetzen und auch nicht den Heiligen Geist. Keine Technologie der Welt kann Liebe, Zuhören, Umarmungen oder ein gemeinsames Burgeressen ersetzen. Keine Technologie wird die Stimme des Heiligen Geistes ersetzen, der dir genau im richtigen Moment den richtigen Impuls gibt.

Wenn ich mit KI arbeite, geht es nicht darum, Verantwortung abzugeben, weniger zu tun oder weniger sensibel für das Reden des Heiligen Geistes zu sein. Es geht darum, die mir zur Verfügung stehende Zeit und die mir zur Verfügung stehenden Ressourcen so einzusetzen, dass ich mehr Raum für echte Begegnungen mit jungen Menschen habe.

Und KI kann uns helfen, viele der zeitintensiven Aufgaben im Hintergrund schneller zu erledigen. KI als Beziehungs-Ermöglicher kann uns mehr Zeit für echte Begegnungen schenken.

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Wo KI sinnvoll unterstützen kann
• Bibelarbeiten und Gruppenstunden vorbereiten
• Social-Media-Posts schreiben
• Veranstaltungen organisieren
• Präsentationen erstellen
• Berichte und Protokolle verfassen
• Aufgabenlisten generieren
• Material für die persönliche Weiterbildung liefern

Nützliche Tools:

  • ChatGPT – Generiert interaktive Bibelarbeiten, Predigten oder kreative Gruppenstunden.
  • Nikodemus AI – Eine KI, die Hintergrundinformationen zu Bibeltexten und praktische Tipps für Bibelarbeiten liefert.
  • Logos Bibel AI – hebt dein Bibelstudium auf ein neues Level.
  • DeepL Write – Optimiert und verfeinert deine Texte.

Egal, ob du lange Texte zusammenfassen, fundierte theologische Recherchen durchführen oder schnell die besten Bibelkommentare finden willst – Logos AI hilft dir dabei!

Beispiele, wie ich KI nutze

Mein Prinzip: KI liefert Ideen, aber ich bringe den geistlichen Tiefgang und die persönliche Note ein.

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Beispielprompt für ChatGPT, den ich für die Entwicklung dieser Gruppenstunde zum Song »I need help« von Connor Price verwendet habe:

Ich bin Jugendleiterin und benötige deine Hilfe dabei, eine Gruppenstunde für meine Teens, 12-14-jährige zu entwickeln. Thema basiert auf einen Song. Die Lyrics dazu schicke ich dir gleich.

Die Gruppenstunde soll um den Song herum gebaut werden, d.h. es soll Bezug auf Songlyrics genommen werden, um darüber zu diskutieren und anschließend zu vertiefen.

Die Gruppenstunde soll folgendes beinhalten und erlebnispädagogisch sein:
Song & Lyrics (Original Lyrics plus Übersetzung der Lyrics)
Diskussionsfragen zum Song
Gruppenaktivität
Vertiefung durch Bibelarbeit zu Matt 11,28 (Gruppen- oder Einzelarbeit)
Challenge / Next Step

Du bist Experte in der christlichen Jugendarbeit mit 20+ Jahren Erfahrung und entwirfst mir die Gruppenstunde.

Bist du bereit für die Lyrics?

Die finale Gruppenstunde unterscheidet sich sehr von dem, was ChatGPT mir gegeben hat, aber der Output von GPT hat viele Ideen freigesetzt, die ich genutzt habe, um meinen Entwurf zur Gruppenstunde weiterzuentwickeln und zum Endergebnis zu bringen. Ich interagiere mit GPT wie mit einer Person, d.h. ich stelle viele Fragen, gebe Details an, erkläre meine Gedanken und tausche Ideen mit GPT wie mit einem persönlichen Teammitglied aus.

KI kann dir helfen, den Overload an organisatorischen Aufgaben zu reduzieren. Insbesondere macht sie den Prozess der Planung und Organisation effizienter, sodass du dich auf das Wesentliche konzentrieren kannst.

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Beispielprompt für ChatGPT für die Planung von Themen:

Hier ist was ich brauche: ich möchte gerne schulbegleitend Andachten für die christliche Jugendarbeit erstellen, die sich an den Lehrplänen bzw. an den Themen orientiert, die Schüler in der Schule lernen. Dabei geht es um Themen, die gut mit der Bibel in Verbindung gebracht werden können. Also außerhalb von Mathematik und Sprache sollten das wohl alle Fächer sein. Wie würdest du da vorgehen?

Dann kam eine Ausgabe von ChatGPT, die ich mit folgendem Prompt vertieft habe:

Ok, kannst du mir Vorschläge machen, wann bestimmte Themen in der Jugendarbeit aufgegriffen werden sollten? Also in welchem Alter es hilfreich wäre in der Jugendgruppe das Thema zu diskutieren, um vielleicht schon ausgerüstet in den Unterricht zu gehen, wie z.B. beim Thema Evolution? Greife dabei auf die Lehrpläne der Länder zu.

Hier ist das Ergebnis, das vielleicht auch dir in deiner Planung hilft:

Grundschule (Alter: 6-10 Jahre):
• Bibelgeschichten: In diesem Alter lieben Kinder oft Geschichten. Beginnen Sie mit grundlegenden Bibelgeschichten, die einfache moralische und geistliche Lektionen vermitteln.
• Schöpfung: Da Kinder in der Grundschule beginnen, über Tiere, Pflanzen und die Umwelt zu lernen, wäre dies ein guter Zeitpunkt, um über die Schöpfung und die Verantwortung des Menschen für die Erde zu sprechen.

Unterstufe des Gymnasiums oder Sekundarstufe I (Alter: 10-14 Jahre):
• Evolution: Dieses Thema wird oft in den ersten Jahren der Sekundarstufe behandelt. Es wäre hilfreich, bereits vorher in der Jugendarbeit die christliche Perspektive zur Evolution zu erläutern und darüber zu sprechen, wie Glaube und Wissenschaft koexistieren können.
• Altes Testament: Insbesondere die Geschichten um die Patriarchen, Exodus usw., da diese oft einen historischen Kontext in der Schulbildung haben.
• Identität und Selbstwert: In diesem Alter beginnen Jugendliche, ihre Identität zu hinterfragen. Gespräche über den Wert, den Gott ihnen zuschreibt, könnten sehr wertvoll sein.

Mittelstufe des Gymnasiums oder Sekundarstufe II (Alter: 14-16 Jahre):
• Ethik und Moral: Themen wie Beziehungen, Sexualität, Drogen, Alkohol usw. werden oft in der Schule angesprochen. Die Jugendarbeit kann hier präventiv agieren und biblische Perspektiven auf diese Themen bieten.
• Weltreligionen: Da Jugendliche oft über andere Religionen lernen, wäre dies eine gute Zeit, den christlichen Glauben im Kontext anderer Weltanschauungen zu betrachten.
• Geschichte des Christentums: Da die Geschichte Europas eng mit dem Christentum verknüpft ist, können historische Themen im Kontext des Christentums betrachtet werden.

Oberstufe des Gymnasiums (Alter: 16-18 Jahre):
• Philosophie und Weltanschauung: Jugendliche beginnen oft, über tiefere Lebensfragen nachzudenken. Diskussionen über Existenz, Sinn des Lebens und andere philosophische Fragen könnten hilfreich sein.
• Politik und Gesellschaft: Themen wie soziale Gerechtigkeit, Umweltschutz und politisches Engagement könnten aus einer christlichen Perspektive betrachtet werden.
• Berufung und Zukunft: Da Schüler in diesem Alter oft vor wichtigen Entscheidungen stehen, könnten Gespräche über Gottes Plan für ihr Leben und ihre Berufung relevant sein.

Drei Grundprinzipien für KI in der Jugendarbeit

KI ist ein Geschenk – wenn wir sie bewusst und weise nutzen. Sie kann dir helfen, mehr Zeit für echte Beziehungen zu haben, Jüngerschaft zu priorisieren und gleichzeitig Inhalte und Organisation effizienter zu gestalten.

Aber KI kann nicht mit einem Teenager nach einer Krise spazieren gehen. Sie kann nicht mit ihm beten, ihn ermutigen oder ihm das Gefühl geben, geliebt zu sein. Sie kann kein echtes Vorbild sein. Unser Job als Jugendleiter ist es, mehr zu sein als nur Wissensvermittler – wir sind Vorbilder im Glauben, Begleiter auf dem Weg und Beziehungsbrücken zu Jesus.

Wenn du KI einsetzt, möchte ich dir deshalb zum Abschluss noch drei Prinzipien mit auf dem Weg geben:

  1. Zeit gewinnen, nicht sparen: Nutze KI nicht, um mehr zu leisten, sondern um mehr Zeit für Beziehungen zu haben. KI kann eine Gruppenstunde vorbereiten – aber sie kann nicht die Beziehung zu deinen Teens bauen. Nutze KI, um Zeit zu sparen, aber verbringe die gewonnene Zeit mit den Jugendlichen und nicht, um mehr zu leisten.
  2. Geistlich prüfen: KI versteht nicht immer biblische Werte. Sei der Filter. Prüfe alle Inhalte anhand der Bibel und deinem geistlichen Wissen.
  3. Transparent sein: Sprich mit deinen Jugendlichen über KI. Bring das Thema in eine Gruppenstunde. Diskutiert über die Rolle von KI, Fake News, Wahrheit und geistliche Verantwortung. Zeige ihnen, wie sie Technologie weise nutzen können.

Fazit: Beziehung bleibt Kernauftrag

KI ist ein Werkzeug – nicht mehr und nicht weniger. Sie kann uns helfen, den administrativen Aufwand zu reduzieren, damit wir das tun können, wofür wir berufen sind: Junge Menschen in echten Beziehungen zu Jesus zu führen.

Die Frage ist nicht, ob wir KI nutzen sollten, sondern wie wir sie so einsetzen können, dass sie unseren eigentlichen Auftrag unterstützt: Leben verändern durch Beziehungen.

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Praktische Challenge: Nimm dir diese Woche Zeit, ein administratives KI-Tool auszuprobieren. Aber wichtiger noch: Investiere die gewonnene Zeit bewusst in ein persönliches Gespräch mit einem deiner Jugendlichen.

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