Kleine Jugendgruppe? Wie du mit wenigen jungen Menschen etwas bewirken kannst

Die Zahl junger Menschen in Gemeinden schrumpft immer weiter. Das ist schon seit einigen Jahrzehnten so, aber es passiert immer schneller und die Lockdowns der letzten Jahre haben die Entwicklung noch beschleunigt. In einigen Kirchen sind die Jugendgruppen komplett verschwunden, in anderen sind sie einfach nur kleiner geworden. Durchschnittlich sind heute in einer Gruppe nur noch 5 Jugendliche. Niemand hat nachgezählt, als ich in den 1970er-Jahren ein Teenager war, aber ich würde darauf wetten, dass es damals durchschnittlich mindestens 20 Leute in jeder Jugendgruppe gab.

Wenn etwas kleiner wird, dann verändern sich die Regeln. Das was Einsteins große Entdeckung: Wenn du auf einem molekularen Level arbeitest, verhalten sich die Regeln der Gravitation anders als gewöhnlich. Das trifft auch auf die Arbeit mit Teenagern zu – wenn du mit nur 5 Jugendlichen arbeitest, musst du einige Dinge anpassen. Die alten Regeln, wie man eine Jugendgruppe leitet, lassen sich nicht mehr 1:1 übertragen.

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Welche Herausforderungen haben kleine Gruppen?

Warum kann man seine Arbeit nicht mehr so gestalten wie früher? Naja, es gibt ganz praktische Unterschiede. Diese 5 jungen Menschen werden nicht alle exakt gleich alt sein. Eine ist zwölf, ein anderer 14 Jahre alt, dann gibt es noch einen 15-Jährigen und eine 17-Jährige. Oh, und dazu noch ein zehn Jahre altes Mädchen, die in die Gruppe gesteckt wurde, weil es keine Gruppe für ihr Alter gibt. Drei von diesen jungen Menschen sind Geschwister, was bedeutet, dass die Gruppe nur stattfinden kann, wenn die Familie nicht übers Wochenende in den Urlaub oder zu den Großeltern gefahren ist. Im schlimmsten Fall bist du dann mit der Zehnjährigen und der 17-Jährigen zu dritt.

Gebrauchsfertige Stundenentwürfe und Spielanleitungen sind meistens nicht für so kleine Gruppen oder für ein breites Altersspektrum geeignet. (Symbolbild) Foto fauxels, Pexels.

Bei so einer Gruppengröße passt die Art, wie wir normalerweise an Jugendarbeit herangehen einfach nicht mehr. Gebrauchsfertige Stundenentwürfe und Spielanleitungen sind meistens nicht für so kleine Gruppen oder für ein breites Altersspektrum geeignet. Bei einer kleinen Anzahl von Leuten werden die Unterschiede in Persönlichkeit, Reife, Schüchternheit und Glauben deutlicher und können die Gruppe schneller beeinflussen, als wenn 20 Jugendliche im Raum wären. Und auch wenn man das Gegenteil glauben möchte, kann es in einer kleinen Gruppe für einige Teenager sogar schwieriger sein mitzumachen und sich zu öffnen, weil sie sich schneller bloßgestellt fühlen. Mit fünf Personen werden die Dinge nicht automatisch wunderbar tiefgehend und persönlich. Solche Treffen können am Ende sogar peinlicher wirken, weil die Teenager lieber in einer Menge untertauchen würden, die es aber gerade nicht gibt.

»Ich lerne, dass trotz meiner Sehnsucht nach Wachstum, eine echte Tiefe und besondere Chancen darin liegen, wenn ihr nur eine Handvoll Leute seid.«

Aber wenn du mal einen Schritt zurücktrittst von deinen Vorstellungen, wie eine Jugendgruppe zu sein hat, dann wirst du neue Möglichkeiten und Vorteile darin entdecken, eine kleine Gruppe zu sein. Natürlich vorausgesetzt, du bist bereit, anders als bisher über Jugendarbeit zu denken. Das ist zumindest meine Erfahrung, nachdem ich dabei geholfen habe, eine monatliche Jugendgruppe in unserer Kirche zu leiten, die – wie du dir denken kannst – aus nur fünf Leuten bestand.

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1. Verändere die Dynamik

Beginne damit, die Dynamik deiner Gruppe zu ändern. Denk eher an eine Gruppe von Freunden, die sich auf einen Kaffee treffen, als an eine programmorientierte Jugendgruppe. Setzt euch an einen einzigen Tisch, an dem es gemütlich ist (denke Hygge/hyggelig). Esst gemeinsam. Löse dich von bestimmten Formen. Wir sind damals zum Beispiel vom Jugendraum der Kirche in die Kaffee-Lounge im Foyer umgezogen. Wir sind zusammengesessen und haben gegessen. Es gab keinen festen Startpunkt und keine vorgegebenen Gesprächsthemen. Wenn die Stimmung mal etwas dröge wurde, fragten wir uns Dinge, die man in jedem Alter beantworten kann – am liebsten fragten wir uns nach dem High und Low der letzten Woche. Darüber kannst du sprechen, egal ob du zehn oder 17 Jahre alt bist. Und habe ich schon das Essen erwähnt? Wir haben angefangen, das Essen nicht als Warm-up für irgendein Programm zu sehen, sondern als Herzstück unserer gemeinsamen Zeit. Dadurch wurde alles etwas entspannter und offener. Wenn mal ein Gespräch etwas intensiver oder spannender wurde, mussten wir es nicht abbrechen, um zum nächsten vorbereiteten Programmpunkt zu wechseln.

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2. Das ist deine neue Rolle

Diese andere Dynamik in der Gruppe verändert auch deine Rolle. In großen Jugendgruppen bist du Organisator:in, Streitschlichter:in, Lehrer:in – du bist einfach verantwortlich. Das gilt zwar auch für kleine Gruppen, aber es ist alles sehr heruntergefahren und die gemeinsame Zeit fühlt sich viel mehr gleichmäßig zwischen euch verteilt an. Um es im Bild einer Bootsfahrt zu beschreiben: Deine Hand ist zwar am Ruder, aber du steuerst behutsam auf das zu, wohin der Wind dich treibt. In den größeren Jugendgruppen, die ich vor zwanzig Jahren geleitet habe, habe ich entschieden, was wir tun und wie lange es dauern würde. In kleinen Gruppen sind die Dinge viel weniger gelenkt, und das ist umso besser. Die Jugendlichen haben mehr Handlungsspielraum und die Diskussionen sind ergebnisoffener. Ich habe herausgefunden, dass dieser Stil von Jüngerschaft viel besser zur Gen Z passt. Altersunterschiede können so auch einen Vorteil haben, denn die Jugendlichen sind an unterschiedlichen Punkten in ihrer Entwicklung, sodass eine viel breitere »Weisheit« im Raum ist. Du wirst sehen, dass die 17-Jährige einige tolle Ratschläge und Einsichten mit den Jüngeren teilen wird. So was passiert nicht, wenn deine Jugendgruppe so groß ist, dass du sie in verschiedene Altersgruppen unterteilen musst und sich 17-Jährige und Elfjährige nie kennenlernen.

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3. Neue Arten der Anbetung

Kleineren Gruppen fällt es oft schwer gemeinsam Anbetungsmusik zu machen oder laut zu beten – was teilweise daran liegt, dass die Dynamik es komisch wirken lässt. Dies ist ein Unterschied zwischen der Arbeit mit jungen Menschen und der Leitung eines Erwachsenen-Hauskreises in der Gemeinde. Kleingruppen gibt es schon seit vielen Jahren, aber nicht für Jugendliche. Wir haben für uns herausgefunden, dass es am einfachsten ist, eine Liturgie – ja, du hast richtig gelesen! – anzuwenden, entweder eine, die wir selbst geschrieben haben oder eine aus dem Internet. Wir kennzeichnen den Punkt, an dem wir zu Worship und Gebet übergehen, indem wir eine Kerze auf dem Tisch anzünden. Das ist ein einfaches Ritual, aber es hilft allen zu erkennen, dass wir jetzt etwas Anderes anfangen. Wir singen nicht – zu fünft funktioniert das einfach nicht. Die Liturgie hilft, weil man weiß, was man sagen soll, und man fühlt sich weniger unsicher. Auf solche Dinge muss man sich einstellen, wenn die Jugendgruppe so klein ist.

Wir kennzeichnen den Punkt, an dem wir zu Worship und Gebet übergehen, indem wir eine Kerze auf dem Tisch anzünden. (Symbolbild) Foto Ivan Samkov, Pexels. 

Es ist nicht so, dass wir klein bleiben wollen. Wir wollen schon wachsen. Aber auch das kann schwierig sein. Als Jugendlicher waren mir Dinge schnell peinlich und viele Teenager sind selbstbewusst aus unterschiedlichen Gründen. Einer kleinen Gruppe beizutreten kann tatsächlich einschüchternder wirken, als in eine große und laute Gruppe geworfen zu werden, in der du weniger auffällst. Deswegen planen wir, uns mit anderen kleinen Jugendgruppen in unserer Gegend zu vernetzen und gemeinsame größere Treffen durchzuführen. Das sind dann Gelegenheiten, bei denen es sich für die Teenager natürlicher anfühlt, einen Freund oder eine Freundin mitzubringen.

Wir stehen noch ganz am Anfang – wir haben unsere kleine Gruppe erst im Januar gegründet – und ich merke, dass wir noch viel über die Arbeit mit einer kleinen Anzahl junger Menschen lernen müssen. Die Realität sieht so aus, dass ein Großteil der Jugendarbeit im Moment in solchen Gruppen stattfindet. Aber ich lerne, dass trotz meiner Sehnsucht nach Wachstum, eine echte Tiefe und besondere Chancen darin liegen, wenn ihr nur eine Handvoll Leute seid. Ich wünschte, es gäbe mehr Ideen und Ressourcen, um in einem solchen Kontext zu arbeiten: Youthscape und Mr. Jugendarbeit werden in den nächsten Jahren daran arbeiten. In der Zwischenzeit muss ich hoffen, dass die Familie Müller nächsten Sonntag nicht weg ist – wenn sie weg sind, sind wir wieder nur zu dritt!

Dieser Artikel wurde von Chris Curtis verfasst und zuerst von Youthscape veröffentlicht. Deutsche Version von Mareike Siebeneich.

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