Ratgeber: Umgang mit Pornografie
Ein praktisches Handbuch zum Thema Pornografie, das Eltern und pädagogisch Verantwortlichen beim Einstieg in das Thema Pornokonsum hilft, Tipps und Materialien für Alltag und Begleitung von Kindern und Teenagern bereitstellt.

Wenn du dir die Zahlen anschaust, wie viele Jugendliche wie oft Pornografie konsumieren, denkst du dir dann: »Krass, dass es den meisten anderen auch so geht!?« – Oder: »Krass, dass ich zu einer Minderheit gehöre, die keinen Kontakt hatte!?«

Warum schauen so viele (junge) Menschen Pornos? Was suchen sie darin und was finden sie daran? Wenn du glaubst, Pornos zu schauen, sei einfach lustig und unterhaltsam, dann solltest du dich ein bisschen mit den möglichen Folgen beschäftigen. Wenn du die negativen Folgen bei dir selbst erfahren hast und davon loskommen möchtest, findest du in diesem Heft Schritte, wie das funktionieren kann. Wir wünschen dir nützliche Informationen und möglicherweise echte Hilfe.

— Nikolaus Franke und Pascal Heberlein Weißes Kreuz e.V.

Denkangebot: Pornografie — Das Pflichtprogramm für Jugendliche?!

Wenn du dir die Zahlen anschaust, wie viele Jugendliche wie oft Pornografie konsumieren, denkst du dir dann: »Krass, dass es den meisten anderen auch so geht!?« – Oder: »Krass, dass ich zu einer Minderheit gehöre, die keinen Kontakt hatte!?«

Warum schauen so viele (junge) Menschen Pornos? Was suchen sie darin und was finden sie daran? Wenn du glaubst, Pornos zu schauen, sei einfach lustig und unterhaltsam, dann solltest du dich ein bisschen mit den möglichen Folgen beschäftigen. Wenn du die negativen Folgen bei dir selbst erfahren hast und davon loskommen möchtest, findest du in diesem Heft Schritte, wie das funktionieren kann. Wir wünschen dir nützliche Informationen und möglicherweise echte Hilfe.

— Nikolaus Franke und Pascal Heberlein Weißes Kreuz e.V.

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1. Fakten, Zahlen, Statistiken

Wenn du an das Jahr 1969 denkst – was kommt dir dann in den Sinn? Vielleicht ist es die Eröffnung des Berliner Fernsehturms, vielleicht der Start der ZDF-Hitparade, vielleicht das legendäre Woodstock-Festival oder aber doch die Tatsache, dass der erste Mensch den Mond betrat? Alles wichtige Ereignisse, die die Welt mehr oder weniger verändert haben. Ein Ereignis aber, das in diesem Jahr stattfand, kann wirklich als weltbewegend betrachtet werden: Am 29.10.1969 wurde die erste E-Mail zwischen zwei weit entfernten Universitäten Amerikas versendet – die Geburtsstunde des Internets! 1989 wurde der erste deutsche Computer mit dem Internet verbunden und 2008 hatten erstmals mehr Jugendliche zwischen 12 und 19 Jahren einen eigenen Computer statt eines Fernsehers im Zimmer (71 % vs. 61 %).

Mit dieser grandiosen Entwicklung gehen aber auch Probleme einher:

In Deutschland sind nach Schätzungen rund 4% aller Jugendlichen zwischen 14 und 16 Jahren abhängig.1

Das viele Surfen, Chatten, Gamen und Kaufen im Internet führt häufig zu einem weiteren Phänomen, das damit eng verbunden ist: Onlinesex bzw. Pornografie. Pornografie wird verstanden als die Darstellung einer sexuellen Handlung mit besonderer Betonung der Geschlechtsteile unter Ausblendung der emotionalen Aspekte einer Beziehung, die als Ziel hat, den Betrachter zu erregen. Wie sehr Internet und Pornografie miteinander verbunden sind, zeigen die folgenden Zahlen:2

Da das Internet voll von pornografischem Material ist, erscheint es logisch, dass ungewollter Kontakt kaum zu vermeiden ist. Eine Studie von BRAVO Dr. Sommer3 aus dem Jahr 2009 mit 1.228 Jugendlichen im Alter von 11 bis 17 Jahren untersuchte, wer bereits pornografische Bilder oder Filme gesehen hatte.

Das Ergebnis war folgendes:

Anteil der Jugendlichen, die bereits Kontakt zu Pornografie hatten (2009)

Demnach haben 69 % aller Jungs und 57 % aller Mädels im besagten Alter pornografische Bilder oder Filme gesehen – also ca. zwei von drei Jugendlichen! Davon kamen wiederum ca. 2/3 ungewollt mit Pornografie in Kontakt. Dieser erste Kontakt wird häufig als ganz schöne Überforderung erlebt. Nicht selten sind es gleichaltrige oder ältere Freundinnen, Kumpel oder Geschwister, die Jüngeren Pornos weitergeben oder zeigen. Ganz unabhängig davon, wie du mit Pornos umgehst, wollen wir dich bitten: Zeig sie keinen Jüngeren und, falls möglich, schütze Jüngere, wenn andere ihnen Pornos zeigen wollen!

Eins sagen uns diese Zahlen aber nicht: Nämlich die Antwort auf die Frage, wie viele der Jugendlichen nur einmal – wahrscheinlich ungewollt – Pornos gesehen haben und wie viele bewusst schauen.

Jakob Pastötter4 untersuchte in einer großangelegten Onlinebefragung den Pornokonsum der Deutschen. Es stellte sich heraus, dass die 6.556 jugendlichen Befragten zwischen 16 und 19 Jahren folgenden Pornokonsum haben:

Häufigkeit von regelmäßigem Pornografiekonsum (16-19 Jährige, 2008)

Glaubt man der Studie, konsumieren über 60 % der Jungen wöchentlich oder öfter Pornos. Das bedeutet: Der Hauptteil des Pornokonsums von Jugendlichen scheint also keineswegs unfreiwillig, sondern geschieht wieder und wieder, weil Jugendliche die Inhalte bewusst suchen und erneut anschauen wollen. Wir können hier nicht klären, wie viele Prozent der Nutzer tatsächlich süchtig sind. Das liegt auch daran, dass die Fachleute noch diskutieren, wo eine Sucht anfängt. Vermutlich sind Nutzer, die über einen längeren Zeitraum täglich Pornografie schauen, zumindest suchtgefährdet. Spannend ist für dich vielleicht auch diese Info: Die Sucht nach Pornografie kann Christen genauso betreffen wie Menschen, die nicht an Jesus Christus glauben.

Häufigeit von Pornografiekonsum bei christlichen Männern5

Fasst man diese Zahlen zusammen, würde das in etwa so lauten: Fast zwei von drei Christen schauen sehr regelmäßig (mindestens monatlich) Pornos und nur 3 % schauen nie! Schaut man sich die Zahlen bei christlichen Frauen an, stellt man fest, dass bei ihnen Pornos einen deutlich geringeren Stellenwert haben.

Häufigeit von Pornografiekonsum bei christlichen Frauen

Oft denken Pornosüchtige, dass sie später aufhören, sobald sie einen Ehepartner haben. Auch hier gibt die eben zitierte Studie spannende Informationen:

Häufigeit von Pornografiekonsum bei verheirateten Männern

Es ist also tatsächlich so, dass ein wesentlich geringerer Anteil verheirateter Männer Pornografie schaut als es bei den Unverheirateten der Fall ist. Freilich zeigen die Zahlen aber auch, dass es ein Trugschluss wäre, davon auszugehen, dass sich das „Problem“ bei allen von allein erledigt, sobald sie verheiratet sind. Es gibt auch die gegenteilige Theorie: Wer jahrelang masturbiert und Pornos konsumiert, gewöhnt sich eine Sexualität an, die mit partnerschaftlicher Intimität wenig zu tun hat.

2. Ursachen für Pornokonsum

Petra Grimm und ihr Team6 haben Jugendliche befragt, warum sie Pornos schauen. Die vier häufigsten Antworten waren:

  • Erregung/Masturbation: »Männer haben halt Triebe.«, »Ich muss alles rauslassen.«
  • Wissensgewinn/Lernen: »Irgendwann müssen wir ‘ne Frau befriedigen können. Und wir müssen uns ja auch irgendwie Erfahrungen sammeln.«
  • Soziale Integration: »Ja, hast du das und das schon gesehen?«
  • Unterhaltung: »Wenn mir langweilig ist, dann mach ich alles.«

Es gibt sicherlich noch mehr Gründe, die Jugendliche anführen würden, warum sie Pornos schauen. Wichtig ist, dass du dir bewusst machst, dass diese Gründe häufig nicht die eigentliche Ursache sind. Jedem Menschen geht es irgendwann einmal nicht gut. Das können Momentaufnahmen sein, beispielsweise wenn du Streit mit einem Freund hast. Das können aber auch langfristige, generelle Gründe sein, zum Beispiel dass du wenig Selbstbewusstsein hast und dir für alles die Schuld gibst. Wir allen wollen diese schlechten Gefühle loswerden. Weil es dabei schnell zugehen soll, arbeiten wir nicht grundlegend an den Problemen (das würde sehr lange dauern und anstrengend sein), sondern versuchen, das negative Gefühl einfach zu betäuben, indem wir uns ablenken mit etwas, das Spaß macht, schnell und einfach zu haben ist und intensiv genug wirkt, um wirklich zu vergessen. Man könnte auch sagen, wir versuchen eine Lücke, einen Mangel, ein Defizit zu füllen.

Pornos sind hierfür ein viel genutztes Mittel. Denn das Internet macht es leicht, an einen „Stoff“ zu kommen, der kurzfristig gute Gefühle schafft: Pornos im Netz können anonym, meist kostenlos, jederzeit, in allen Arten konsumiert werden und sie liefern mit großer Wahrscheinlichkeit einen Orgasmus, der (erst mal) zufrieden macht. Dadurch fühlen wir uns für den Moment besser und müssen nicht den eigentlichen Problemen ins Auge sehen. Schwierig wird es dann, wenn du immer öfter Probleme wegschiebst und in die Pornowelt flüchtest. Statt mal mit einem Freund über eigene Probleme zu reden oder sich mal beim Sport richtig auszupowern, wenn du frustriert bist, schaust du vielleicht nur noch alleine Pornos. Dadurch verlernst du immer mehr, andere Lösungen für deine Probleme zu nutzen, so dass dein Gehirn nicht mehr ohne Pornos kann. Der folgende Satz bringt die Ursachen für Pornokonsum ganz gut auf den Punkt: Hinter jeder Sucht steckt eine Sehnsucht. Und Pornos bringen dich dabei nicht wirklich weiter.

3. Folgen von Pornokonsum

Obwohl es eine ganze Reihe von wissenschaftlichen Untersuchungen darüber gibt, was Pornografie mit Konsumenten macht, halten wir diese Studienergebnisse nicht für so wichtig. Das liegt nicht daran, dass wir unwissenschaftlich arbeiten wollen. Aber wir erleben immer wieder: Wissenschaftliche Befunde bewegen niemanden dazu, seinen Pornokonsum zu überdenken. Hinzu kommt, dass bei fast allen Studien irgendwelche Schwachstellen zu finden sind, sowohl bei pornokritischen Studien als auch bei pornobegeisterten.

Dennoch sind wir überzeugt, dass Pornos sehr wohl Folgen haben. Das möchten wir dir mit einem kleinen Gedankenexperiment verdeutlichen: Stell dir vor, wir haben zwei eineiige, völlig identische Zwillinge: Hans und Frieder. Beide sind unter gleichen Bedingungen aufgewachsen. Aus irgendeinem Grund beginnt Hans mit 14 Jahren, jeden Tag – anfangs für ca. 30 Minuten, später für bis zu 3 Stunden – Pornos zu schauen. Frieder hingegen hat sich gegen Pornos entschieden und bis heute keinen einzigen Sexfilm geschaut. Hans und Frieder sind nun 18 Jahre alt. Wären sie noch immer die gleichen oder würden sie sich unterscheiden?

  • Welche eigenen Theorien und Vermutungen hast du dazu?
  • Welche Vorstellungen von gutem Sex haben die beiden? Was halten sie für typisch, was denken sie, wie Sex geht?
  • Wie nehmen sie jeweils Frauen, Männer und sich selbst wahr?
  • Wenn sie später eine Freundin oder Ehefrau haben: Werden sie auf gleiche Weise zufrieden sein, mit dem Aussehen ihrer Partnerinnen, ihrer eigenen Performance und dem gemeinsamen Sex?
  • Wer wird einfühlsamer und zärtlicher mit seiner Freundin und über Frauen sprechen?
  • Wer von beiden kann leichter respektieren, wenn seine Partnerin mal keinen Sex haben kann/ will?

Es gibt eine Fülle von Studien und psychologischen Grundlagen, die wir heranziehen können, um auf diese Fragen eine Antwort zu finden.7

Auf der nächsten Doppelseite findest du eine Zusammenfassung all dessen, was wir teils in unseren Recherchen, vor allem in der Seelsorge immer wieder mit Menschen beobachtet haben. Schau dir das nachfolgende Bild einmal an und denke dabei über Hans und Frieder nach: Was könnten diese Beispiele für die beiden bedeuten?

Wie am Anfang des Kapitels bereits gesagt: Nur weil manche Studien und unsere Erfahrungen zeigen, dass Pornografiekonsum teils negative Folgen hat, wird das vermutlich bei dir nicht bewirken, dass du mit Pornoschauen aufhören möchtest. Diese Überzeugung erlangst du nicht durch Fakten vom anderen Ende der Welt. Wenn du jedoch selbst spürst, dass du ein Problem hast, weil nämlich nicht du die Macht über Pornos hast, sondern sie die Macht über dich haben, wirst du was ändern. Und an dem Punkt wollen wir dir einige Folgen nennen und dir zeigen, wie sie psychologisch erklärt werden können.

Mögliche Folgen von Pornografie Infografik

Jedes Gehirn ist süchtig. Wonach? Nach Dopamin. Dieses körpereigene Glückshormon wird immer dann ausgeschüttet, wenn wir etwas erleben, das wir emotional positiv bewerten. Diese „Sucht“ kann absurde Ausmaße annehmen. In einem Experiment mit hungrigen Ratten hatten diese zwei Möglichkeiten: betä- tigten sie den linken Hebel, bekamen sie Futter; betätigten sie den rechten, wurde ihr Dopaminsystem elektrisch stimuliert und somit angeregt.

Sobald die Ratten begriffen hatten, wo sie mit welcher Belohnung rechnen konnten, wählten sie ausschließlich die elektrische Variante (trotz Hunger). Sie drückten den entsprechenden Hebel bis zu 5000-mal pro Stunde – bis zur völligen Erschöpfung. Lieber wären sie verhungert, als ohne Dopamin zu sein. Und selbst als der entsprechende Hebel keine Dopaminausschüttung mehr bewirkte, betätigten sie ihn weiter. Denn allein die bloße Hoffnung auf das Glückshormon ließ sie verrückt danach werden.8

Wir Menschen ticken ähnlich. Wir sind süchtig nach Dopamin. Das ist völlig normal und gut. Was beim jeweiligen Menschen zur Dopaminausschüttung führt, ist allerdings sehr verschieden. Sport, Essen, Freunde – es gibt viele Dinge, über die wir uns freuen. Das Problem bei einer Sucht (Alkohol, Pornografie etc.) ist, dass die Ursachen für die Dopaminausschüttung immer eingeschränkter werden. Wir stumpfen mehr und mehr ab, so dass uns irgendwann fast nur noch das eine Suchtmittel glücklich machen kann – wie wir weiter oben schon festgestellt haben.

Nun kommen wir wieder zu dir. Pornografie kostet kein Geld (wie beispielswei- se Marihuana), man verliert nicht seine Kontrolle (wie unter Alkohol) und den Körper zerstört sie auch nicht (wie Nikotin) – sie scheint also nicht „das schädlichste aller Suchtmittel“ zu sein. Dennoch hören wir häufig von Jugendlichen, wie sie unter ihrem Konsum leiden und dass sie ein schlechtes Gewissen haben. Dies kann unterschiedliche Gründe haben:

  • Vielleicht spüren sie, dass pornografische Bilder ihre eigentlichen Sehnsüchte manipulieren (Was sehr wahrscheinlich ist, denn warum sonst sollte die Werbeindustrie Milliarden daran verdienen, uns immer wieder mit Bildern zu catchen?).
  • Vielleicht bemerken sie, dass ihre Vorstellungen gegenüber Partnern und Sexualität im Allgemeinen verfälscht werden (Die so genannte Inkultivierungshypothese geht davon aus, dass unser Gehirn das Gesehene mit jedem Konsum ein Stück realistischer findet – was beispielsweise aber bei fünf Orgasmen eines Mannes nacheinander einfach nicht stimmen kann!).
  • Vielleicht glauben sie, dass Pornografie nicht in Übereinstimmung mit Gottes Willen sein kann, wie er sich Sexualität vorgestellt hat.
  • Vielleicht haben sie auch von ihrer Partnerin oder ihrem Partner gesagt bekommen – oder nehmen es an –, dass diese/r sich minderwertig fühlt, wenn sie Pornos schauen („Wieso brauchst du das, wenn du doch mich hast?“, „Ich will nicht, dass du mich mit den Pornofrauen vergleichst!“).

Immer wieder hören wir von Menschen, die in der Pubertät mit Pornoschauen angefangen haben. Sie hatten sich geschworen, damit aufzuhören, sobald sie eine Freundin hätten. Daraus ist nichts geworden. Also sagten sie: „Wenn ich verheiratet bin oder Kinder habe, dann mache ich Schluss mit Pornos!“ Doch auch dieses Ziel konnten sie nicht in die Tat umsetzen. Den Konsum nicht in den Griff zu bekommen und sich gesteuert und unfrei fühlen – das ist die häufigste Begründung dafür, Seelsorge und Beratung zu suchen.

4. Falsche Ausreden

Wir machen dir Mut, dass du früh über dich nachdenkst und dich mit dir selbst auseinandersetzt. Oft täuschen wir uns selbst mit Alibis wie diesen:

A) „Ja, wenn ich später eine Beziehung habe, höre ich auf. Im Moment muss ich halt meinen Trieb anders loswerden.“
B) „Ich bin ja nicht süchtig, ich hab die Kontrolle. Ich muss mir noch keine Gedanken machen.“
C) „Ich weiß ja, dass Pornos Fake sind und kann sehr wohl zwischen realistisch und unrealistisch unterscheiden.“

Aber oft sind das innere Ausreden, damit wir uns nicht mit den eigentlichen Ursachen (s.o.) auseinandersetzen müssen. Denn all diese Sätze könnte man auch anders interpretieren:

A) „Klar, weil ich später eine Beziehung haben will, in der ich nicht heimlich Pornos schaue, übe ich schon mal jetzt, meinen Trieb zu kontrollieren. Ich bin ja kein Tier und in einer Partnerschaft kann man auch nicht immer Sex haben.“

B) „Süchtige denken immer, dass sie die Kontrolle haben. Suchtgefährdete machen fröhlich weiter, bis sie richtig in der Sucht gefangen sind. Aber warum soll ich mit etwas, das mich nicht weiterbringt oder mir sogar schadet, solange weitermachen, bis ich das Aufhören nicht mehr unter Kontrolle habe?“

C) „Wenn ich weiß, dass Pornos Fake sind, warum schau ich sie dann an, um was über Sex zu lernen? Und wer sagt mir denn, dass ein Medieninhalt keine Folgen hat, solange ich durchschaue, dass er nicht der Wirklichkeit entspricht? Wenn jeder weiß, dass Werbung lügt, hat dann Werbung wirklich keinen Effekt mehr? Nein, wenn Pornos Fake sind, dann ist es eigentlich auch keine gute Idee, ihnen kontinuierlich meine Vorstellungswelt auszusetzen. Das gilt umso mehr, wenn ich weiß, dass die Wirkung von Medien umso stärker ist, je jünger man ihnen ausgesetzt wird.“

Du kannst mit den Gedankenanstößen anfangen, was du willst. Wichtig ist aber, dass du zu begründeten, reflektierten Entscheidungen gelangst und nicht ein- fach mit der Masse mitmachst, weil es alle so machen. Das kann nicht die Basis ei- ner guten Entscheidung sein.

5. Den Pornos entfliehen – aber wie?

Falls du von Pornos loskommen willst, braucht es vor allem dein Eingeständnis, dass du ein Problem mit Pornos hast. Da das alles kein leichter Weg sein wird – immerhin spielen Pornos eine große Rolle in deinem Leben –, musst du es wirklich wollen und bereit sein, über deine Grenzen zu springen. Am besten ist es, dass du dir dafür Hilfe holst, indem du dich jemandem anvertraust. Immer wieder hören wir in Beratungsgesprächen, wie hilfreich es für Abhängige war, alles in eine E-Mail zu verpacken und abzusenden. Für viele ist dadurch schon der Grund- stein gelegt. Such dir also einen vertrauenswürdigen Freund, einen Seelsorger oder einen Berater (z. B. findest du Seelsorger in deiner Nähe auf der Homepage des Weißen Kreuzes) und erzähl ihm deine Geschichte.

Folgende Schritte sind sinnvoll:

1. Erfasse deine Sucht!

Berichte deiner Vertrauensperson so klar wie möglich, wie dein Pornokonsum aussieht. Welche Art Pornos schaust du, seit wann, wie oft, mithilfe welcher Medien?

Auf www.porno-ausweg.de findest du einen Internetworkshop von ERF-Medien und dem Weißen Kreuz. Dort kannst du ...
– sehen, wo du in Sachen Pornokonsum wirklich stehst
– erste Schritte für einen veränderten Konsum einüben
– mit den E-Coaches Ansprechpartner für deine Fragen finden Unter www.internet-sexsucht.de findest du weitere Infos und kannst direkt mit dem Weißen Kreuz Kontakt aufnehmen.
Persönliche Beratung in deiner Nähe findest du unter www.weisses-kreuz-hilft.de.
Gib als Stichwort einfach „Internet“ und deine Postleitzahl ein.

Dazu gehört auch, dass du deinem Gegenüber erzählst, was du bisher versucht hast, um deinen Konsum einzudämmen und was geholfen hat (zumindest ein wenig). Ganz wichtig ist, dass du ein klares Ziel formulierst, das du erreichen willst. Manch einer möchte nur weniger Pornos schauen, ein anderer gar keine mehr. Wieder ein anderer hat nichts gegen Masturbation, nur die Pornos stören ihn, ein vierter möchte jegliche Selbstbefriedigung abstellen. Je nachdem, wie dein Ziel aussieht, wird sich der Weg gestalten.

2. Analysiere und ersetze dein Ritual!

Pornokonsum ist häufig mit einem festen Ritual verbunden, beispielsweise nach der Schule eine halbe Stunde Musik hören, dann 20 Erotikbilder ansehen, danach zu pornografischen Bildern wechseln und erst dann schaut man sich 2 Pornofilme an und masturbiert. Mach dir klar und benenne es, wie das Pornoschauen bei dir aussieht. Welche Stimmungen gehen ihm voraus? Bist du zum Beispiel immer frustriert, bevor du nach Pornos suchst? An welchem Ort, zu welcher Zeit schaust du Pornos? Schaust du eher auf dem Handy oder auf dem PC? Dein Ritual im Detail zu kennen, erlaubt einer außenstehenden Person Alternativen zu finden, Lösungen zu sehen und möglicherweise auch die eigentliche Ursache zu entdecken. Diese Alternativen solltest du exakt definieren und immer wieder anpassen. Achte darauf, besonders solche Alternativen zu wählen, die dich auch emotional ansprechen. Denn dass Pornos so stark sind, liegt vor allem an den ausgelösten Emotionen in uns. Wenn die Tür hinein zu Pornos deine Emotionen sind, so ist die Tür hinaus auch eine emotionale Tür!

3. Rechenschaft

Wenn du dich wirklich dafür entschieden hast, frei von Pornos zu werden, musst du nun Nägel mit Köpfen machen. Hierfür spätestens brauchst du einen Gehilfen. Selbst wenn du bisher noch niemanden hattest, dem du von den Details deines Pornokonsums erzählen wolltest, solltest du nun jemanden haben, der – vielleicht ohne die Einzelheiten zu kennen – dir hilft. Vereinbart gemeinsam, dass du der Person im Moment eines erneuten Versuchs, einen Porno zu sehen, eine E-Mail oder WhatsApp schreiben musst. Nicht bevor du vorhast zu schauen und auch nicht danach – sondern während du auf der Suche bist. Wenn du dich daran hältst, wird dir das schnell die Lust verderben. Das Ganze funktioniert natürlich nur, wenn du ehrlich zu dir und deinem Rechenschaftspartner bist. Du solltest dieser Person erlauben, dass sie nach einer gewissen Zeit (z. B. drei Monate) nachfragen darf, wie es dir geht. Falls du einen Freund hast, dem du vertraust und der vor demselben Problem steht, könnt ihr euch vielleicht auch gegenseitig als Rechenschaftspartner eine Unterstützung sein. Das Thema allein zu überwinden ist viel schwerer, als wenn man jemanden an seiner Seite weiß.

4. Zugang erschweren

Wie du oben gelesen hast, ist Dopamin ein richtiggehender Magnet für unser Verhalten. Falls du tatsächlich eine Abhängigkeit hattest, können sich leichte Entzugserscheinungen einstellen. Es entlastet ungemein, wenn man für diese herausfordernden Momente – besonders in den ersten pornofreien Monaten – sich selbst den Zugang erschwert. Das kann ein Pornoblocker auf Handy und PC sein (»Chico Browser« oder »K9 Webprotection« u.a.), kann aber auch bedeuten, den Router umzuprogrammieren oder die internetfähigen Geräte ab 22:00 aus dem eigenen Zimmer zu verbannen. Da muss man kreativ sein und sich selbst gut kennen, um die eigenen Schwachstellen abzusichern. Stell dir vor: Ein Teil von dir will weiter Pornos schauen: Wie kannst du das verhindern?

5. Niederlagen überwinden

Viele Pornosüchtige schaffen es nicht, beim ersten Mal aufzuhören. Es ist wie ein Training. Manchmal fällt man hin. Dann muss man erneut aufstehen und weitermachen. Oft erlangen wir die Kontrolle über uns auf dieselbe Weise zurück, wie wir sie verloren hatten – Stück für Stück. Was dir helfen kann, ist, wenn du mit der Person, der du dich zuerst offenbart hast, im Gespräch bleibst. Lass dich nicht entmutigen! Geh davon aus, dass es mindestens 6 Wochen dauert, bis dein Verlangen auf Pornos spürbar schwächer wird und du es dir danach leicht machen kannst, indem du deine Porno-Erinnerungen nicht bewusst aus deinem Gedächtnis wieder hervorholst. Wichtiger als keinen Rückfall zu haben ist das Dranbleiben und kontinuierliche Verändern deiner Rituale. Manche Verhaltensmuster, Erinnerungen und Gewohnheiten brauchen Jahre, ehe sie verblassen. Je mehr es dir gelingt, sie mit guten Alternativen zu ersetzen, umso eher siehst du Resultate.

Bibel und Pornos?
Wusstest du, dass die Bibel bereits indirekt von Pornografie spricht? Dort steht der griechische Begriff porneia und bedeutet »sexuelle Unmoral« bzw. »falscher Sex«. Das heißt, schon immer haben Menschen und demnach auch Christen mit sexuellen Herausforderungen ähnlich der Pornografie zu tun. Warum kritisiert die Bibel bestimmte Formen von Sex? Gottes Idee von Sexualität ist Sex zwischen Ehemann und Ehefrau. Beide sollen zufriedener mit sich und ihrer Beziehung werden, Kinder zeugen und sich immer wieder versöhnen.

Sex stabilisiert die Beziehung. Sex ist die Brücke zum anderen und seiner spannenden Fremdheit. Sex ist auch das gemütliche Herd- oder abenteuerliche Lagerfeuer, an dem sich beide immer wieder finden und begegnen. Diese Sicht von Sexualität, wie wir sie in der Bibel finden, braucht Grenzen, um keinen Schaden anzurichten. Und hier ist der große Unterschied zu Pornos: In Pornos werden diese Grenzen nicht nur ignoriert. Pornos feiern das Feuer außerhalb der Feuerstelle, als wäre es die beste und richtigste Sache der Welt. Pornos stehen in unversöhnlichem Kontrast zu Gottes Vision. Gewissermaßen sind Pornos eine Hymne auf die porneia. Daher verwundert es nicht, dass die meisten Christen Pornos als Sünde erleben.

Heißt das, Pornogucker sind schlechtere Menschen? Nein! Meist sündigen wir nicht aus böser Absicht, sondern aus Überforderung. Wir sollten nur nicht mit unserer Sünde und der ihr zugrundeliegenden Überforderung allein bleiben. Denn die gute Nachricht bedeutet doch: Durch Jesus hast du die Möglichkeit, Gott um Vergebung zu bitten und er vergibt dir gern (1. Johannes 1,9). Es ist nie zu spät, Gott um Vergebung zu bitten. Jesus freut sich über jeden, der Sünde bereut. Solltest du in eine wirkliche Abhängigkeit geraten sein, wirst du merken, dass Gebet dir eine Hilfe sein kann. Nicht ohne Grund tritt Jesus mit dem Anspruch an, uns wirklich freimachen zu wollen.

6. Abstinenz

Du wirst keine dauerhafte Veränderung erfahren, wenn du nicht bereit bist, auf Pornos radikal zu verzichten. Den radikalen Verzicht auf ein Suchtmittel nennt man Abstinenz. Da dein Gehirn vor allem an Pornos gewöhnt ist, um das Glückshormon auszuschütten, ist es wie bei einem Drogenentzug: Dein Gehirn muss lernen, auch ohne auszukommen. Deshalb ist der schwierige Schritt »Verzicht« dringend zu empfehlen. Dafür gibt es aber einige Hilfen. So solltest du deinen PC aus deinem Zimmer entfernen oder mindestens den Bildschirm zur Tür drehen, die bei Computernutzung immer offen ist. Du kannst deinen Rechenschaftspartner bitten, dir eine Filtersoftware zu installieren, so dass du auf manche Seiten gar nicht mehr zugreifen kannst. Wichtig ist auch, wenn du deine eventuell vorhandene Sammlung an Bildern und Filmen ein für alle Mal vernichtest.

Die Fachreferenten des Weißen Kreuzes kommen gern mit einem Workshop in eure Gemeinde oder Schule.

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7. Alternativen finden

Wie dir aber schon klar sein wird, helfen Verbote allein nicht weiter. Du brauchst coole Alternativen, die du genau dann machen kannst, wenn du gefährdet bist. Diese Alternativen sind aber nicht nur deswegen so wichtig, weil sie dich von der Versuchung ablenken, sondern auch, weil sie dir helfen, dich um die Ursachen des ganzen Problems zu kümmern. Weiter oben wurde bereits deutlich, dass dein Pornokonsum mit großer Wahrscheinlichkeit eine Lücke in deinem Leben füllen soll. Auch wenn Pornos Defizite niemals gut füllen – aber sie füllen sie. Das bedeutet, wenn du keine Filme solcher Art mehr schaust, spürst du die Lücke – und die muss mit etwas Positivem gefüllt werden. Nehmen wir an, du schaust Pornos, weil du unbewusst das Gefühl hast, dich für deinen vielen Stress zu belohnen. Nun fällt die »Belohnung« weg. Du brauchst also eine Alternative, die du als Belohnung empfindest. Was könnte das sein? Vielleicht schaust du auch wirklich nur aus Langeweile oder mangelnder Beschäftigung. Hierfür ist es wichtig, ein Hobby anzufangen. Brich mit deinem Alltagstrott, in dem Pornos ihren Platz haben, und strukturiere dich ganz neu. Halte die möglichen Ursachen im Blick und wende dich den Sehnsüchten dahinter zu – denn diese sind fast immer gut und berechtigt.

Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt – nur Mut! Wir helfen dir gerne dabei.

Unter www.weisses-kreuz.de/mediathek stehen viele Veröffentlichungen zum Download bereit, z. B. zu den Themen Single sein, Scheidung und Sexueller Missbrauch.

Unter www.weisses-kreuz.de/themen sind viele Infos direkt abrufbar, u. a. Aufklärungsmaterial für Jugendliche, Eltern und Pädagogen.
Wer unsere Schriftenarbeit unterstützen möchte, kann dies mit einer Spende tun an:

Weißes Kreuz e. V.
IBAN: DE22520604100000001937
BIC: GENODEF1EK1
Evangelische Bank eG

Arbeitsheft Nr. 1: Pornografie (zu beziehen unter www.weisses-kreuz.de)
Pahl, Christoph (2010): »Voll Porno!«. Warum echte Kerle »Nein« sagen. Marburg an der Lahn: Francke.
Schirrmacher, Thomas (2008): Internetpornografie. ... und was jeder darüber wissen sollte. Holzgerlingen: Hänssler (Hänssler-Taschenbuch).

www.weisses-kreuz.de
www.internet-sexsucht.de
www.porno-ausweg.de
www.onlinesucht.de
www.loveismore.de
www.safersurfing.org
www.return-mediensucht.de
www.return-to-reality.de

Über die Verfasser:
Nikolaus Franke, M.A. Politikwissenschaft, Germanistik und Geschichte, ist Referent beim Weißen Kreuz, einem Fachverband für Sexualität und Beziehungen mit ca. 180 Beratungsstellen. Er führt regelmäßig sexual- pädagogische Workshops in Schulen und Jugendgruppen durch und begleitet die Teilnehmer eines Online-Workshops zur Pornosucht (www.porno-ausweg.de).

Pascal Heberlein, Erziehungswissenschaftler, arbeitet in Hamburg beim JesusCentrum und ist teilweise als Referent beim Weißen Kreuz tätig.

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