In einer säkularen Gesellschaft, in der christliche Bildungseinrichtungen oft als Fossilien einer vergangenen Zeit angesehen werden, wird Bildung heute weitgehend als rechtmäßige Domäne säkularer Regierungen betrachtet.

Sollte der Staat überhaupt noch religiös motivierte Bildung zulassen? Hat die Religion in der Vergangenheit nicht schon so viele Konflikte verursacht? Sollte Bildung nicht auf wissenschaftlichen Fakten anstatt auf ›abergläubischen‹ Überzeugungen beruhen? Selbst Gläubige müssen sich fragen, ob die christliche Bildung überhaupt noch von Bedeutung ist.

Zu dieser Frage wurde ich gebeten, dieses Wochenende auf dem Forum glaube & gesellschaft im schweizerischen Fribourg zu sprechen. Bereits ein Jahrzehnt lang setzt sich dieses Forum mit der Herausforderung des christlichen Zeugnisses in einer pluralistischen Welt auseinander. Mein ehemaliger YWAM-Kollege Dr. Walter Dürr hat das Zentrum Glaube & Gesellschaft an der Universität Freiburg aufgebaut, um Brücken zwischen akademischer Theologie, verschiedenen Ausdrucksformen christlicher Spiritualität und der Praxis der Kirche und des gesellschaftlichen Lebens zu schlagen. Das Forum ist die jährliche ›Flaggschiff‹-Veranstaltung des Zentrums und bringt ein breites Spektrum von glaubensbasierten Bewegungen und Institutionen zusammen. Zu den Rednern gehörten Tom Wright, Justin Welby, Miroslav Wolf und in diesem Jahr Tom Holland.

Wenn säkulare Intellektuelle den Glauben empfehlen
Tom Holland, Autor des Bestsellers Dominion, ist nicht der einzige Agnostiker, der die Kirche neu entdeckt. Viele säkulare Intellektuelle sprechen offen und fundiert über die Vorzüge des Glaubens, sogar, wenn sie ihn nicht für sich selbst in Anspruch nehmen.

Mein Auftrag bestand zunächst darin, die Entwicklung der Bildung im Westen nachzuzeichnen und der Frage nachzugehen, welche Rolle der christliche Glaube dabei gespielt hat. Die Wahrheit ist, dass diese Geschichte in den letzten zweitausend Jahren überwiegend christlich geprägt war. Erst in jüngster Zeit ist ein Großteil der Bildung säkularisiert worden. Die obligatorische und allgemeine Bildung wird heute als selbstverständlich angesehen. Aber wie sind wir dazu gekommen?

Die erste menschliche Gesellschaft, die der Bildung für alle einen hohen Stellenwert einräumte, war das gerade erst befreite Volk Israel, wie wir in der Tora, den Büchern des Mose, lesen: »Lehrt (diese Worte) fleißig euren Kindern« (Deuteronomium 6,7). Israel wurde so zur ersten vollständig gebildeten Gesellschaft der Welt, ein reiches Erbe, das sich noch heute in dem unverhältnismäßig großen jüdischen Beitrag so vieler Wissensgebiete widerspiegelt.

Aufgrund seiner jüdischen Wurzeln betonte auch das frühe Christentum die Rolle der Lehre sowohl in kirchlichen Angelegenheiten als auch im täglichen Leben. Während Griechenland und Rom einen klassischen Lehrplan entwickelten, der auf der Vernunft beruhte, war die Bildung den oberen Klassen und der männlichen Bevölkerung vorbehalten. Die Christen, die als ›Volk des Buches‹ bekannt waren, ergänzten die Bildung um die biblische Erkenntnis, dass jeder Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen wurde — Jude und Nichtjude, reich und arm, männlich und weiblich, Sklave und frei — und somit mit Wert und Würde ausgestattet ist. Daher unterrichteten sie sowohl Mädchen als auch Jungen.

Katechetische Schulen verbreiteten sich in Rom, Ephesus und Alexandria, angeführt von frühen Kirchenvätern wie Clemens, Origenes und Athanasius. Sie unterrichteten sowohl Männer als auch Frauen durch mündliche Frage- und Antwortsitzungen. Clemens zum Beispiel bestand darauf, dass Vernunft und Offenbarung eine Partnerschaft bildeten, da sie seiner Meinung nach aus einer derselben Quelle stammten.

Zu Beginn des fünften Jahrhunderts hatte Augustinus von Hippo (354-430) die Grundlagen der Bildung gelegt, die das mittelalterliche Lernen prägen und die christliche Akademie über Jahrhunderte hinweg beeinflussen sollten.

Irische Klöster sandten Lehrmönche aus, um die neu bekehrten Völker Europas zu unterrichten, und wurden als ›Erzieher der Könige und Lehrer der Völker‹ bekannt.

In Aachen beauftragte Karl der Große im frühen 9. Jahrhundert den anglokeltischen Mönch Alkuin von York, die Bildung im gesamten Heiligen Römischen Reich zu fördern. Später im ersten Jahrtausend entwickelten sich Domschulen, die den klassischen Lehrplan in einen christlich-theologischen Rahmen einbetteten, zumindest für angehende Priester und Beamte.

Bis zum 12. Jahrhundert blieb die Bildung fast ausschließlich Sache der Kirche, bis Gelehrte begannen, unabhängig von den Kloster- und Domschulen zu lernen und zu lehren. Aus Gelehrtengilden entwickelten sich die europäischen Universitäten, zunächst in Bologna und Paris, dann in Oxford und Cambridge (Ende des 12. und Anfang des 13. Jahrhunderts). Offizielle Titel (wie Probst, Dekan und Proctor), akademische Talare, die College-Architektur und Kapellen erinnern an die klösterlichen Ursprünge der Universität. Oxfords Motto lautet auch heute noch: Dominus illuminatio mea (Der Herr ist mein Licht, Ps 27).

Thomas von Aquin, der die Theologie als Königin der Wissenschaften betrachtete, und Johannes Cele, der die gymnasiale Schulform entwickelte, die sich in Deutschland und Frankreich (collège) verbreitete, sind nur zwei von vielen christlichen Namen, die das Bildungswesen vor der Reformation prägten. Erasmus, Luther und Calvin bestanden darauf, die Bibel für alle zugänglich zu machen, und setzten sich für die Bildung von Jungen und Mädchen aller Schichten ein, wobei die beiden Letztgenannten für steuerfinanzierte öffentliche Schulen plädierten. Dies führte zur Deutschen Volkschule bzw. zur Genfer Akademie, die zum Vorbild für Schulen in Schottland, den Niederlanden und Amerika wurde.

Francis Bacon stützte sich auf sein reformiertes Verständnis des Schöpfungsauftrags, um eine Vision von Wissenschaft und Lernen zur »Ehre des Schöpfers und zur Verbesserung des menschlichen Zustands« zu entwickeln. Seine induktive Methode der wissenschaftlichen Untersuchung zur Erforschung von Gottes Buch der Werke – also der Schöpfung – zusammen mit seinem Buch der Worte – also der Bibel – erweiterte die Aufgabe der Bildung über die Weitergabe von Wissen und Werten aus der Vergangenheit hinaus auf die Entdeckung neuen Wissens. Damit öffnete er auch die Tür für die Säkularisierung der Bildung durch die Trennung von Glauben und Lernen.

Weitere Einflüsse, die die Einheit des Wissens untergruben, waren das aufklärerische Denken, das die Autonomie des Menschen betonte, und die industrielle Revolution, die Spezialisierung und wissenschaftlichen Fortschritt forderte. Die Bildung konzentrierte sich auf das ›Was‹ und ›Wie‹, nicht aber auf das ›Warum‹ und ›Wozu‹.

Im Laufe der Zeit wurden Geschichte, Theologie und Philosophie von einem säkularen Rationalismus verdrängt, der nicht in der Lage ist, die grundlegende Frage zu beantworten: Was ist der Sinn und Zweck des menschlichen Wesens? Denn dieser Sinn bestimmt auch den Zweck der Bildung.

Deshalb ist eine christliche Bildung, die auf einem holistischen, in Gott verwurzelten Wissens beruht, absolut relevant.

Dieser Artikel wurde zuerst von Jeff Fountain veröffentlicht. Deutsche Version von Priscilla Alvarez.

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