Am Mittwoch vor dem letzten Sonntag des Kirchenjahres feiern die evangelischen Kirchen in Deutschland den Buß- und Bettag. Aber worum geht es eigentlich am Buß- und Bettag? Und warum ist dieser Tag nicht nur für landeskirchliche Protestanten interessant? Wir erklären die Hintergründe und geben dir ein paar Anregungen, wie du diesen unterbewerteten Feiertag mit deiner Jugendgruppe oder Gemeinde, aber auch ganz persönlich begehen kannst.

Woher kommt der Buß- und Bettag? – Eine kurze Geschichte

Wie der Name schon vermuten lässt, soll dieser Tag als eine Zeit der Besinnung, der Umkehr und des Gebets dienen. Nicht zuletzt wegen seiner historischen Verbindung mit dem Staat werden heute oft auch gesellschaftliche Aspekte betont und Menschen werden zu sozialem Engagement und Zusammenhalt aufgerufen.

Landesweite Buß- und Fastentage, besonders in Zeiten der Not, gab es schon zur Zeit des alten Testaments (2. Chronik 20,3, Nehemia 9, Jona 3,4-10). Die christliche Kirche etablierte schon früh regelmäßige Bußtage, und heute gibt es auch in andern Ländern vergleichbare Feiertage (wie etwa den »Eidgenössischen Dank-, Buß- und Bettag« in der Schweiz) – aber im engeren Sinne ist der Buß- und Bettag eine deutsche Eigenheit.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhundert einigten sich die verschiedenen deutschen Landeskirchen zum ersten Mal auf einen gemeinsamen Bußtag – den Mittwoch vor dem Totensonntag. 1893 wurde dieser Tag in Preußen und ab 1934 im ganzen »Deutschen Reich« zum staatlichen Feiertag. In den Kriegsjahren wurde der Bußtag auf einen Sonntag verlegt. Nach dem 2. Weltkrieg wurde der Buß- und Bettag in Westdeutschland, und nach der Wende in der ganzen Bundesrepublik, wieder eingeführt. Bis 1994 war der Buß- und Bettag in Deutschland also ein gesetzlicher Feiertag, wurde dann aber (kein Witz) aus Kostengründen abgeschafft.

In der Bibel ruft Gott Menschen, Gemeinden und ganze Völker immer wieder zur Umkehr und verheißt ihnen dadurch Segen. Ben White/Unsplash

Heute ist er nur noch in Sachsen ein »richtiger« Feiertag für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. In Bayern ist immerhin schulfrei und in Berlin dürfen sich evangelische Schülerinnen und Schüler »freinehmen«. Außerdem haben laut der Sächsischen Zeitung Arbeitnehmer in den meisten Bundesländern Anspruch auf einen arbeitsfreien Tag aus religiösen Gründen (das heißt, sie müssen keinen Urlaubstag verbrauchen, erhalten aber auch keine Bezahlung).

Die Kraft der Umkehr – Plädoyer für einen unterbewerteten Feiertag

Das Wort Buße klingt in den meisten Ohren altmodisch. Oder es lässt einen an Strafzettel für »Verkehrssünden« denken. Und man möchte behaupten, dass auch die dahinter stehende Idee von Besserung und Umkehr – im Sinne einer bewussten Hinwendung zu Gott und der damit verbundenen Abkehr von Verhalten, das nicht zu Gottes Wesen passt – in vielen Bereichen der Gesellschaft und selbst der Kirche immer unpopulärer wird.

Dabei ist genau das der Kern dessen, was wir als Christen glauben – der Kern unserer Botschaft, der Auftrag der Kirche. Im Markusevangelium beginnt Jesus seinen öffentlichen Dienst mit den Worten: »Tut Buße und glaubt an das Evangelium [d. h. die Gute Nachricht, dass Gottes Königsherrschaft über die ganze
Erde angefangen hat]« (Markus 1,15). Und an Pfingsten, dem »Geburtstag der Kirche« sagt der Apostel Petrus den Menschen, was er von Jesus gelernt hat: »Tut Buße, und jeder von euch lasse sich taufen auf den Namen Jesu Christi zur Vergebung eurer Sünden, so werdet ihr empfangen die Gabe des Heiligen Geistes« (Apostelgeschichte 2,38). Diese Stellen betonen, dass Buße etwas Aktives ist, das eine gewisse Überwindung kosten darf und soll. Andererseits spricht die Bibel aber auch immer wieder von Buße als etwas, das Gott in uns bewirkt und uns schenken will (z. B. in 2. Timotheus 2,25).

In der Bibel ruft Gott Menschen, Gemeinden und ganze Völker immer wieder zur Umkehr und verheißt ihnen dadurch Segen (z. B. Maleachi 3,6-12, Apostelgeschichte 3,19-21, Offenbarung 2,19-29).

📖 Weitere Bibelstellen zum Buß- und Bettag
Psalm 51 - König Davids großer Bußpsalm
Lukas 15 - Die Geschichte vom verlorenen Sohn
Hesekiel 22,23-31 - Predigttext für den Buß und Bettag 2023

Wie gut eigentlich, wenn es da einen Tag gibt, der in fast jedem Kalender auftaucht, dessen Name stutzig macht, und Anstoß gibt, sich einigen unbequemen Fragen zu stellen. Der Buß- und Bettag erinnert uns daran, dass es wichtig ist, innezuhalten und über die Konsequenzen unseres eigenen Handelns nachzudenken – jedenfalls hätte er das Potenzial dazu. Was würde wohl passieren, wenn wir Christen, die Kirche und die Gesellschaft darüber hinaus sich neu ihre Verantwortung vor Gott bewusst machen?

Dieser Tag bietet eine Gelegenheit, uns auf das Wesentliche zu fokussieren, unsere spirituelle Ausrichtung zu prüfen, und zu reflektieren, ob unsere Werte und unser Verhalten miteinander übereinstimmen. Wir müssen sie nur nutzen.

Wenn man es so betrachtet, würden wohl doch die meisten zustimmen, dass dieser Tag seine Daseinsberechtigung hat. In einer hektischen Welt, in der Zeit oft knapp ist, wäre es sicher heilsam, einen Tag wie diesen als einen besonderen, nicht-alltäglichen Tag – ja, vielleicht sogar wieder als verbindlichen Feiertag – zu begehen.

Wie kann man den Buß- und Bettag feiern? – Praktische Ideen

Ob du oder deine Jugendlichen an diesem Tag freihaben oder nicht, ob evangelisch, freikirchlich, katholisch oder gar konfessionslos und skeptisch: Es lohnt sich, diesen Tag bewusst zu begehen.

Vielleicht feiert deine Gemeinde ohnehin einen besonderen Gottesdienst, vielleicht habt ihr Mittwochs sowieso Jugendgruppe, vielleicht willst du eine besondere Last-Minute-Aktion starten – oder einfach für dich oder mit ein paar Freunden den Buß- und Bettag zum Anlass nehmen, den Kern des christlichen Glaubens neu zu feiern. Hier sind ein paar praktische Ideen dazu.

»Post-It-Guerilla«

Leistet Widerstand gegen Sünde, Tod und Teufel (wie es Luther gesagt hätte), indem ihr subversive Botschaften im öffentlichen Raum streut. Nach dem Vorbild der »Erinnerungsguerilla« könnt ihr gelbe Klebezettel mit Denkanstößen zum Thema Buße in der Öffentlichkeit platzieren – ganz ohne religiöse Sprache.
(Bitte respektiert dabei öffentliches und vor allem privates Eigentum!)

Erinnerungsguerilla

Unsere Vorschläge:

  • Wo kommst du an, wenn du in diese Richtung weitergehst?
  • Hörst du auf dein Gewissen?
  • Bei wem solltest du dich noch entschuldigen?
  • Welche Angewohnheit tut dir nicht gut? Hast du schon mit Gott darüber geredet?
  • Wo möchte Gott wohl, dass sich unsere Gesellschaft verändert? Was kannst du dazu beitragen?

Traditionelle Beichte

Wenige Tage eignen sich besser als der Buß- und Bettag, um nicht nur Gott und sich selbst Verfehlungen einzugestehen, sondern dies auch vor einem anderen Menschen zu tun. Das evangelische Gesangbuch sagt dazu »In der Beichte darf erkannte Schuld ausgesprochen, das Verlangen nach Versöhnung mit Gott und den Menschen bekundet und Vergebung zugesprochen werden. […] Zur Einzelbeichte wendet man sich an eine Pfarrerin/einen Pfarrer, die durch die Ordination zur Wahrung des Beichtgeheimnisses verpflichtet sind, oder auch an einen anderen Christen, zu dem man Vertrauen hat. Das Beichtgeheimnis genießt gesetzlichen Schutz« (Ausgabe für die evangelische Landeskirche in Württemberg 1996, S. 1459).

Dort findet sich zum Beispiel auch ein liturgischer Ablauf für Bekenntnis und Lossprechung (Absolution). Als verantwortliche Person kannst du eine persönliche Beichte anbieten, wenn es der Rahmen erlaubt. Für Jugendgruppen eignet sich vielleicht eher eine Aktion wie das Aufschreiben und Verbrennen der belastenden Sünden – verbunden mit dem Zuspruch von Gottes Vergebung in Jesus. Ein persönliches Gespräch im Anschluss kannst du natürlich trotzdem anbieten.

Digitales Fasten

Ermutige deine Jugendlichen am Buß- und Bettag zum digitalen Fasten. Dies kann unterschiedliche Formen annehmen:

  • Handy- und PC-freier Tag
  • nur Anrufe erlauben, alles andere ausschalten
  • bestimmte Apps deaktivieren
  • usw.

Parallel dazu können gemeinsame Aktivitäten (aus den Ideen in diesem Artikel) oder andere Aktionen geplant werden, die zum Entschleunigen und Nachdenken einladen. Idealerweise sollten diese Aktivitäten ohne digitale Geräte auskommen, z. B. gemeinsame Spaziergänge in der Natur.

Ermutige die Jugendlichen, ihre Erfahrungen und Gedanken in einem physischen Tagebuch festzuhalten, um den Tag zu reflektieren. Vielleicht möchtest du auch beim nächsten Gruppentreffen Raum dafür geben und den Austausch über die Erlebnisse anregen.

Kreativ für die Gesellschaft und die Kirche beten

Kreatives Beten nutzt verschiedene Formen künstlerischer Expression, um Gebete und Gedanken für die Gesellschaft und Kirche auszudrücken.

  • Gebetsstationen: Dazu findest du hier Inspiration.
Zettel, auf denen Jugendliche ihren Schmerz aufgeschrieben haben, wurden in die »Klagemauer« gesteckt. Pfijuko 2023/Forum Wiedenest
  • Gemeinschaftskunstwerk: Ihr könntet in eurem Gebäude oder auf dem Gelände ein großes »Kunstwerk« erstellen, dass aus den einzelnen Gebeten der Teilnehmenden besteht.
Gebetswand, auf die Jugendliche ihre Wünsche mit Post-its geklebt haben. Die Post-its bildeten farblich das Wort »Pray«. Pfijuko 2023/Forum Wiedenest
  • Gebetsgarten: Gestaltet einen öffentlichen Gebetsgarten, in dem Menschen ihre Gebete auf Steine schreiben oder an Bäumen befestigen können, als Zeichen ihrer Fürbitten für die Gesellschaft und Kirche.

Sich die Hände schmutzig machen

Diese Idee beinhaltet praktisches Engagement, das dem körperlichen, emotionalen und geistlichen Wohlbefinden dient.

Ihr könntet Gruppen organisieren, die bei sozialen Projekten helfen, z.B. bei der Verteilung von Lebensmitteln an Bedürftige, bei der Renovierung von Gemeindezentren oder bei der Pflege öffentlicher Grünflächen.

Andachtsideen zum Buß- und Bettag

Andacht mit Gegenstand: Mein Weg, Gottes Weg. Bibelstelle: Jeremia 29,11-13

Fertige, kurze Andacht mit Alltagsgegenstand »Puzzle«
Mit dieser kreativen Illustration vermittelst du biblische Wahrheiten nachhaltig und interessant, fesselst die Aufmerksamkeit von Kindern und Jugendlichen und ermutigst sie in ihrer Beziehung zu Jesus.

Hauptgedanke: Wir können darauf vertrauen, dass Gott alle Teile in der Hand hält und einen Plan für unser Leben hat.

Andachts-Impuls zu bekanntem Spruch: »Bleib so, wie du bist«!?

Mental Health: Macht uns unsere Gesellschaft krank?
Steigende Burn-out Raten, Dauerstress und emotionale Überforderung: Wie uns unsere Gesellschaft belastet – und was wir dagegen tun können.

Das Problem: Identität, die wir uns selbst zuschreiben müssen, ist immer hochgradig instabil.

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